OFD Frankfurt, 4.11.2009, S 7340 A - 85 - St 11

 

A. Allgemeines

 

I. Ziele

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Das in der am 1.1.1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung (InsO) geregelte Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung – insbesondere zum Erhalt des Unternehmens – getroffen wird.

Hierbei wird dem „redlichen” Schuldner die Möglichkeit eingeräumt, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (Restschuldbefreiung, vgl. Tz. 20 – 22).

Das Insolvenzverfahren geht dem steuerlichen Vollstreckungsverfahren vor (§ 251 Abs. 2 AO).

 

II. Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

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Das Insolvenzgericht (§ 2 InsO) prüft die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens:

 

1. Insolvenzfähigkeit

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Insolvenzfähig sind:

  • natürliche und juristische Personen;
  • der nichtrechtsfähige Verein;
  • Personengesellschaften (auch GbR) sowie
  • aufgelöste juristische Personen oder Personengesellschaften, solange die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist u.a.

Nicht insolvenzfähig sind hingegen Bund und Länder sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, wenn das Landesrecht dies bestimmt. Auch die typische und atypisch stille Gesellschaft sind nicht insolvenzfähig.

Zweifelhaft ist die Insolvenzfähigkeit der Bruchteilsgemeinschaft (z.B. Erbengemeinschaft). Sollten jedoch weitere Gerichte dem Beispiel des AG Göttingen folgen und das Verfahren über das Vermögen einer Bruchteilsgemeinschaft eröffnen (vgl. ZIP 2001 S. 580), so gelten die Bestimmungen für eine GbR entsprechend. Jedoch werden sich im Regelfall die Anträge auf Insolvenzeröffnung gegen die hinter der Bruchteilsgemeinschaft stehenden Personen richten.

 

2. Insolvenzgründe

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Als Insolvenzgründe kommen

in Betracht.

 

3. Antragstellung

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Das Insolvenzverfahren wird durch das Insolvenzgericht nur auf Antrag eröffnet (§ 13 Abs. 1 InsO). Antragsberechtigt sind sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner.

 

III. Insolvenzeröffnung

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Entscheidend ist, dass das noch vorhandene Vermögen ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken (vgl. BFH-Urteil vom 23.7.1996, VII R 88/94, BStBl 1996 II S. 511).

Nach § 26 Abs. 1 InsO ist es auch ausreichend, wenn durch den Antragsteller ein Vorschuss geleistet wird, der die voraussichtlichen Verfahrenskosten abdecken wird.

 

IV. Insolvenzverwaltung

 

1. Insolvenzverwalter

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Sobald das Gericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, verliert der Schuldner in der Regel die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen (Ausnahme: Eigenverwaltung des Vermögens durch den Schuldner nach § 270 Abs. 1 InsO).

Aus diesem Grunde wird vom Gericht ein Insolvenzverwalter bestellt, § 80 Abs. 1 InsO.

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Der Insolvenzverwalter sichert, verwaltet, verwertet und verteilt die Insolvenzmasse.

Der Insolvenzschuldner (früher: Gemeinschuldner) bleibt jedoch auch nach Insolvenzeröffnung der maßgebliche Unternehmer.

Der Insolvenzverwalter nimmt hingegen die Stellung eines Vermögensverwalters i.S. von § 34 Abs. 3 AO ein. Er hat daher nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen, d.h. Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen auch für Zeiträume vor Insolvenzeröffnung, sowie das Leisten von Zahlungen nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Er wird nicht Vertreter des Schuldners, sondern ist lediglich ein gesetzlich legitimiertes und in Bezug auf die Insolvenzmasse kraft eigenen Rechts im eigenen Namen handelndes Organ.

Auch wird er nicht Steuersubjekt. Der Schuldner behält für die steuerbaren Umsätze die Unternehmereigenschaft.

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Der Insolvenzverwalter führt grundsätzlich die Besteuerungsart (Soll- oder Ist-Besteuerung) des Insolvenzschuldners fort. Ein Wechsel von der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten zu der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann auf Antrag des Insolvenzverwalters für das ganze Jahr nur genehmigt werden, soweit die Voraussetzungen des § 20 UStG in der Person des Insolvenzschuldners vorliegen.

 

2. Vorläufiger Insolvenzverwalter

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Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO kann zur Sicherung der Vermögensmasse bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden (in seiner Funktion dem Sequester nach altem Recht vergleichbar).

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Es ist zwischen dem sogenannten „starken” und „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter zu unterscheiden, da sich aufgrund seiner unterschiedlichen rechtlichen Stellung auch unterschiedliche Rechtsfolgen im Hinblick auf seine Tätigkeiten ergeben.

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Das Insolvenzgericht kann die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 In...

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