Neben etwaigen tätigkeitsspezifischen Risiken sollten unternehmensunabhängig gewisse Grundparameter beachtet werden.

Ganz allgemein ist dabei die Vorsteuerabzugsberechtigung aus Eingangsleistungen sowie bei bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung der Rechnungsprüfungsprozess in den Blick zu nehmen und zwar auch und gerade in materiell-rechtlicher Hinsicht. Besteht kein Vorsteuerabzug, sind z. B. auch Leistungsbezüge aus dem Ausland und eine Versteuerung dieser im Reverse-Charge Verfahren unter Umständen beachtlich.

Daneben können sich branchenabhängig bzw. je nach Ausgestaltung der Geschäfte spezielle Risiken ergeben. Besondere Beachtung sollten Geschäftsvorfälle finden, die nicht das operative Kerngeschäft betreffen und nicht regelmäßig vorkommen, da im Unternehmen möglicherweise keine geübte Praxis oder Kenntnis im Umgang mit diesen besteht. Dies kann sich z. B. bei der Veräußerung von Betriebsgrundstücken, Anteilen an Tochtergesellschaften oder gar Geschäftsveräußerungen von Betrieb(steil)en ergeben. Gleiches gilt für die Begründung oder Beendigung sowie die laufende Abbildung von Organschaften.

Im Bereich des Warenhandels sind grenzüberschreitende Lieferbeziehungen und Reihen- oder Dreiecksgeschäfte besonders risikoanfällig. Werden bei der Prüfung z. B. unentdeckte oder fehlbeurteilte grenzüberschreitende Reihen- oder Dreiecksgeschäfte aufgedeckt, kann dies schnell zu erheblichen Nachbelastungen führen. Vielfach zieht dies auch Registrierungs- und Deklarationspflichten im Ausland nach sich, die notwendig sind, um inländische Steuerlasten aufzulösen. Hier kann – trotz weitgehender Harmonisierung in der EU – gerade in den Einzelheiten der steuerlichen Abbildung oder auch bezüglich der Festsetzungsfristen ein erheblicher Unterschied zum Inland bestehen.

Daneben können sich je nach Sachverhaltskonstellation auch bei Einfuhrsachverhalten nicht unerhebliche Risiken ergeben, zumindest sofern der Anmelder die Waren nicht selbst erworben oder veräußert hat, sondern nur als Dienstleister, wie z. B. Transportunternehmen oder Lagerhalter, mit diesen befasst war.

Generell und branchenunabhängig sollten Unternehmen stets gezielt Vorkehrungen treffen, um nicht ungewollt in Betrugsketten oder einen Umsatzsteuermissbrauch involviert zu werden. Vor dem Hintergrund der sog. Missbrauchsrechtsprechung des EuGH ist diese Thematik erheblich in den Fokus der Prüfungen gerückt.

Dabei ist festzustellen, dass in erhöhtem Maße nicht nur im Nachgang zu Prüfungen mit hohen Mehrergebnissen, sondern auch in laufenden Prüfungen Strafverfahren eingeleitet werden und sich auch redliche Unternehmen neben Prüfern auch mit Steuerfahndungsbehörden oder Straf- und Bußgeldsachenstellen konfrontiert sehen.

Spätestens in einer solchen Situation sollten Experten hinzugezogen werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Umsatzsteuer nahezu jedem Geschäftsvorfall anhaftet, ergeben sich schnell hohe Summen und somit können umsatzsteuerliche Fehler für Unternehmen erhebliche Konsequenzen in diesem Bereich nach sich ziehen, auch wenn sich ein Hinterziehungsvorwurf entkräften lässt.

Um dem vorzubeugen, bedarf es einer passgenauen Risikovorsorge. Ein Kernelement der Risikovorsorge liegt dabei bereits in der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen und dort der Kontrolle des Geschäftspartners.

Unternehmen sollten alle ihnen möglichen Maßnahmen ergreifen, um nicht ungewollt in missbräuchliches Verhalten im Bereich der Umsatzsteuer involviert zu werden. Für Unternehmen bieten sich sachverhaltsabhängig unterschiedliche Risikovorsorgemechanismen und Kontrollmöglichkeiten, die mindestens einzeln, möglichst aber zusammengenommen ergriffen werden sollten.

Stellen die Finanzbehörden nachträglich eine (ungewollte) Beteiligung in einer Betrugskette fest, kommt der Frage, ob der Unternehmer dies hätte erkennen können[1], besondere Bedeutung zu.

Hierzu kommen auch in Anlehnung an das "Merkblatt der Finanzverwaltung zur Umsatzsteuer, Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots" insbesondere die folgenden Maßnahmen in Bezug auf potenzielle Vertragspartner und Geschäfte bzw. Geschäftsmodalitäten in Betracht:

Im Hinblick auf (potenzielle) Vertragspartner:

  • Besondere Überprüfung neuer/junger Geschäftsbeziehungen,
  • gesonderte Überprüfung von neugründeten Unternehmen oder Branchenneulingen,
  • Dokumentation des Kontakts zur Geschäftsleitung; bei anderweitigen Ansprechpartnern Bestätigung der Bevollmächtigung,
  • Überprüfung des Unternehmenssitzes,

    • z. B. ungewöhnliche Anschrift (Büroservice), keine Lagerkapazitäten,
  • Handelsregisterauszug,

    • Vorsicht bei abweichendem/untypischem Geschäftszweck.
  • Überprüfung des Internet-Auftritts,
  • Einholung steuerlicher Unbedenklichkeitsbescheinigung,
  • Ggf. Einbehalt steuerlicher Sicherheiten,
  • Konsequente (qualifizierte) Abfrage der USt-IdNr.,
  • schriftliche Dokumentation der Kundenkontakte,
  • Zurückhaltung bei gleichbleibenden Ansprechpartnern mit wechselnden Rechtsträgern.

Bezüglich Vertragsinhalt oder Vertragsabwicklung:

  • Risikoanalysen bei marktunüblichen Preisges...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge