Die Umsatzsteuer-Nachschau ist keine Außenprüfung i. S. v. § 193 AO. Sie ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Deshalb gelten die Vorschriften für eine Außenprüfung nicht.[1] Ein Prüfungsbericht wird nach Abschluss einer Umsatzsteuer-Nachschau nicht gefertigt. Sollen aufgrund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Steuerpflichtigen rechtliches Gehör zu gewähren.[2] Die Umsatzsteuer-Nachschau ist nicht rechtlich mit einer Steuerfestsetzung verknüpft, d. h. sie bezieht sich regelmäßig nicht auf abgeschlossene Sachverhalte. Die Nachschau bewirkt insbesondere nicht, dass der Ablauf der Fristen, innerhalb derer Steuern festgesetzt werden können, gehemmt wird.[3] Nach einer Nachschau wird auch der Vorbehalt der Nachprüfung für eine evtl. bereits vorliegende Steuerfestsetzung[4] nicht aufgehoben. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Nachschau ist ein Antrag auf verbindliche Zusage, einen steuerlichen Sachverhalt in einer bestimmten Art und Weise zu würdigen[5], nicht zulässig.

 
Hinweis

Verfassungsrechtliches Zitiergebot

Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG enthält das Gebot, in grundrechtseinschränkenden Gesetzen die betroffenen Grundrechte zu nennen (Zitiergebot). Dadurch soll sichergestellt werden, dass nur ausdrücklich gewollte Eingriffe vorgenommen werden. Ein möglicher Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG bei Einführung der Umsatzsteuer-Nachschau in § 27b UStG zum 1.1.2002 führt nicht zur Nichtigkeit des gesamten UStG. Selbst wenn § 27b UStG gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen würde, ergäbe sich hieraus nur eine Teilnichtigkeit des UStG im Hinblick auf die möglicherweise in Grundrechte eingreifende Vorschrift des § 27b UStG, aber keine weitergehende Nichtigkeit anderer Vorschriften des UStG, die nicht dem Zitiergebot unterliegen und somit keine Nichtigkeit des UStG insgesamt.[6]

Der Amtsträger ist zur steuerlichen Prüfung (oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit) erschienen, sobald er das Grundstück mit den Betriebs- oder Wohnräumen eines Steuerpflichtigen oder seines Bevollmächtigten in der Absicht betreten hat, die steuerlichen Verhältnisse zu überprüfen oder den Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen Steuergesetze aufzuklären. Dazu gehört nicht nur die Außenprüfung gem. §§ 193 ff. AO, sondern auch jede Einzelermittlungsmaßnahme des Finanzamts an Ort und Stelle, wie z. B. die Umsatzsteuer-Nachschau.

Bei einer Außenprüfung richtet sich der Umfang der Sperrwirkung nach dem Inhalt der Prüfungsanordnung (Adressat, Steuerarten, Sachverhalte, Prüfungszeiträume), bei einer Umsatzsteuernachschau bzw. Vorfeldermittlungen der Steuerfahndung nach dem Ermittlungsauftrag.

Eine Umsatzsteuer-Nachschau ist auch noch möglich, wenn bereits eine Vermutung besteht, der Steuerpflichtige könnte Umsatzsteuer hinterzogen haben. Die Steuerhinterziehung darf aber noch nicht mit Sicherheit feststehen, denn dann besteht bereits ein strafrechtlicher Anfangsverdacht und die Umsatzsteuer-Nachschau darf nicht zur Umgehung der Rechte des Steuerpflichtigen in einem Strafverfahren benutzt werden.[7] In diesem Fall ist die Durchführung der Nachschau rechtswidrig. Es bedarf dann vielmehr der Einleitung des Steuerstrafverfahrens und zur Aufklärung der Straftat meist einer Durchsuchung nach den §§ 102 ff. StPO.

 
Wichtig

Selbstanzeige

Alle Ermittlungsmaßnahmen vor Ort, deren Ziel die zutreffende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen ist, fallen unter den Begriff der steuerlichen Prüfung i. S. v. § 371 AO.

Nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e AO tritt Straffreiheit tritt nicht ein, wenn bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau erschienen ist und sich ausgewiesen hat. Die Umsatzsteuer-Nachschau ist also für die Wirksamkeit von Selbstanzeigen ein Sperrgrund. Der Sperrgrund entfällt nur dann, wenn die Taten des Angeklagten bei dieser Nachschau nicht entdeckt wurden.[8] Die Sperrwirkung ist nicht auf den vom Finanzamt intern festgelegten Anlass und Umfang der Nachschau begrenzt, sondern gilt allgemein. Während einer Umsatzsteuer-Nachschau ist jederzeit eine Selbstanzeige wegen leichtfertiger Steuerverkürzung[9] möglich, die die Festsetzung einer Geldbuße verhindert.

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