Im Beispiel oben (Abb. 1) liefern die in Belgien und Italien ansässigen Großhändler "Distributor B" und "Distributor I" an den inländischen MT. Ein solcher MT wird i. d. R. aus zwei Gründen zwischengeschaltet:

  • zur Verbilligung der Ware
  • zur Vorsteuer-Erschleichung.

Bei MT handelt es sich zumeist um Scheinfirmen. So wurde z. B. in dem vom FG Nürnberg entschiedenen Fall eine im Handelsregister eingetragene Textilhandelsfirma umbenannt und der Geschäftszweck in den Handel mit elektronischen Artikeln geändert. Als Geschäftsführer (Strohmann) wurde der Fahrer des faktischen Geschäftsführers bestellt. Es bestanden folgende "Geschäftsadressen" für die MT-Firma: Unter einer Adresse war lediglich ein Briefkasten nebst Klingelschild vorhanden, unter einer zweiten Adresse existierten Büroräume ohne Telefonanschluss, unter einer weiteren Anschrift domizilierte ein Büroserviceunternehmen, das die eingehende Post an eine Adresse in Italien weitersandte. Dort wickelte ein weiteres Büroserviceunternehmen die Geschäftskontakte nach Weisung des faktischen Geschäftsführers ab. Die Abnehmer-Firma der Handys verhandelte immer direkt mit dem ausländischen Lieferanten und dem faktischen Geschäftsführer des "MT". Die Bezahlung der Handys erfolgte nicht auf ein Konto der MT-Firma, sondern auf ein Schweizer Konto des faktischen Geschäftsführers.[1]

Die Finanzverwaltung nennt folgende Erkennungsmerkmale für MT, die aber nicht in jedem Fall gleichzeitig vorliegen müssen:

  • Firma ist gerade erst gegründet bzw. bei steuerlicher Prüfung bereits nicht mehr existent,
  • Firma gibt keine Voranmeldungen ab bzw. bezahlt nicht,
  • Firma verfügt über keine eigenen Büroräume am eingetragenen Sitz der Gesellschaft,
  • häufig Büroserviceadresse oder Adresse des mit der Gründung beauftragten Rechtsanwalts oder Steuerberaters,
  • häufig nur Telefonverbindung über Handy
  • gemietete, aber nicht genutzte Räume
  • Geschäftsführer ist Ausländer mit Wohnsitz im Ausland ohne deutsche Sprachkenntnisse und ohne Branchenkenntnisse
  • Geschäftsführer ist Arbeitsloser/Sozialhilfeempfänger und/oder ohne jegliche Branchenkenntnisse
  • Firmenkonto im Ausland (insbesondere Schweiz)
  • Firmenkontovollmacht/-verfügungsbefugnis (auch) für andere Personen außerhalb der Geschäftsleitung.

I. d. R. werden die MT (Scheinfirmen) von den Hintermännern eingesetzt und gesteuert, um – soweit Waren im konkreten Fall existent sind – den Buffern Preisvorteile beim Einkauf und den Hintermännern Wettbewerbsvorteile zu verschaffen; die Geschäfte laufen somit direkt zwischen den "Buffern" (oder den Distributors) und den Hintermännern der MT ab.

Die MT melden die in Rechnung gestellten Umsätze nicht an oder melden an und verschwinden später vom Markt. Sofern es sich um Scheinunternehmen handelt, fehlt es an der Unternehmer-Eigenschaft i. S. von § 2 UStG, ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des MT ist somit ausgeschlossen.[2]

Darüber hinaus wird ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen von MT häufig an der fehlenden Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmern scheitern. Handelt es sich bei den MT um Scheinfirmen, so waren sie mangels geschäftlicher Aktivitäten und sachlicher und personeller Ausstattung zu einer Lieferung nicht in der Lage. Zwar kann auch ein Strohmann, der auch eine juristische Person sein kann, als leistender Unternehmer in Betracht kommen, wenn der Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns die Leistungen tatsächlich ausgeführt hat. Die Person des leistenden Unternehmers kann aber abweichend von den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen bestimmt werden, wenn der Vertragspartner des Leistungsempfängers die vereinbarte Leistung nicht in eigener Person erbringt und auch nicht als eigene Leistung der USt unterwirft und der Leistungsempfänger damit rechnet oder rechnen muss, dass die Leistung nicht versteuert wird.[3]

Die fehlende Unternehmereigenschaft des MT führt allerdings auch dazu, dass bei ihm ein innergemeinschaftlicher Erwerb i. S. von § 1a Abs. 12 UStG nicht vorliegt (kein Erwerb "für sein Unternehmen") und er solche Erwerbe auch nicht erklären muss. Der MT schuldet jedoch die in Rechnung gestellte USt (Rechtsgrundlage: § 14c Abs. 2 UStG).

Teilweise werden die in Rechnung gestellten Beträge von den MT auch angemeldet. Über die Nachweispflicht des Vorsteuerabzugs seitens des "Buffers" stößt das FA in der Folge auf den MT. Dieser ist dann allerdings für das FA zumeist nicht mehr greifbar (Briefkastenadresse) oder es wird Insolvenz-Antrag gestellt.[4]

Der geschäftliche Kontakt zu Firmen, die von der Finanzverwallung später als MT qualifiziert werden, begründet insbesondere in zweierlei Hinsicht Risiken:

  • Nichtanerkennung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen
 
Praxis-Beispiel

Scheinfirmen

A betreibt einen Import-Export-Handel mit Kfz. Er kauft Fahrzeuge in Deutschland ein und verkauft sie u. a. an zwei Firmen in Spanien. Plötzlich steht das FA auf dem Standpunkt, bei den beiden spanischen Firmen handele es sich um MT (Scheinfirmen), die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung...

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