Das Jahressteuergesetz 2022[1] nimmt neben den diversen ertragsteuerrechtlichen Änderungen auch verschiedene Veränderungen im Umsatzsteuergesetz vor. Während im Referentenentwurf noch keine gravierenden Auswirkungen auf das Umsatzsteuerrecht enthalten waren, wurde im Regierungsentwurf durch die Einführung eines "0 %-Steuersatzes" für bestimmte Photovoltaikanlagen Neuland in der Umsatzsteuer betreten. Durch den Bundesrat[2] sind im Gesetzgebungsverfahren weitere Ergänzungen empfohlen worden, denen die Bundesregierung teilweise zugestimmt hat und die vom Finanzausschuss entsprechend in den Gesetzentwurf eingearbeitet worden sind. Darüber hinaus ist auch noch eine Verlängerung der Übergangsfrist[3] für juristische Personen des öffentlichen Rechts zur (zwingenden) Anwendung des § 2b UStG um weitere 2 Jahre aufgenommen worden.

[1] Die Zustimmung des Bundesrates ist am 16.12.2022 erfolgt.
[2] Stellungnahme des Bundesrats mit Gegenäußerung der Bundesregierung v. 2.11.2022, Drs. 20/4229.

1.3.1 Einführung eines neuen "0 %-Steuersatzes" für Photovoltaik

Erstmals wird in Deutschland durch einen neuen § 12 Abs. 3 UStG ein sog. "0 %-Steuersatz" eingeführt, der für Leistungen im Zusammenhang mit bestimmten (kleineren) Photovoltaikanlagen gilt. Die Neuregelung ist für alle Leistungen anzuwenden, die ab dem 1.1.2023 ausgeführt werden.

 
Hinweis

Unterschied Steuerbefreiung und Nullsteuersatz

Ein 0 %-Steuersatz unterscheidet sich von einer Steuerbefreiung einer Leistung dadurch, dass bei dem leistenden Unternehmer zwar keine Umsatzsteuer entsteht, er aber für alle damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen den vollen Vorsteuerabzug beanspruchen kann.

Erfasst werden von der Anwendung des 0 %-Steuersatzes die folgenden Leistungen nach § 12 Abs. 3 UStG:

  • Die Lieferung der Solarmodule einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage notwendigen Komponenten sowie von Speichern, die den erzeugten Strom speichern können, an den Betreiber der Photovoltaikanlage, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
  • Der innergemeinschaftliche Erwerb der begünstigten Gegenstände.
  • Die Einfuhr der begünstigten Teile.
  • Die Installation der Anlagen und Speicher für die begünstigten Anlagen.
 
Hinweis

Nullsatz nur für Leistungen an Betreiber

Die Absenkung des Steuersatzes auf 0 % gilt nur für die Leistungen gegenüber dem Betreiber der Photovoltaikanlage. Die Lieferungen der Hersteller, Großhändler oder Einzelhändler an Personen, die nicht Betreiber der Photovoltaikanlage sind, unterliegen weiterhin dem Regelsteuersatz.

Weitere Voraussetzung ist, dass ein Zusammenhang mit der Privatwohnung, Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden notwendig ist. Allerdings gelten diese Voraussetzungen (fiktiv) als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) nach dem Marktstammdatenregister beträgt.

 
Hinweis

Privatwohnung

Es gibt keine gesetzliche Definition von einer "Privatwohnung". Gemeint ist hier offensichtlich die Wohnung des Unternehmers (z. B. bei Installation der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Einfamilienhauses des Betreibers).

Ziel der Regelung ist insbesondere die Verwaltungsvereinfachung, da Anlagenbetreiber – soweit sie nicht noch anderweitig unternehmerisch tätig sind – in Zukunft die Kleinunternehmerbesteuerung[1] in Anspruch nehmen werden. Bisher wurde in diesen Fällen – obwohl meist die Umsatzgrenzen[2] für die Kleinunternehmerbesteuerung eingehalten wurden – auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet, um den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Photovoltaikanlage zu erhalten. Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung wird in Zukunft nicht mehr notwendig sein, wenn dem Unternehmer keine Umsatzsteuer aus der Anschaffung der Anlage berechnet wird. Damit werden im Gleichklang mit dem Ertragsteuerrecht diese Anlagen aus der Besteuerung weitestgehend herausgehalten. Es bleibt den Betreibern der Photovoltaikanlagen weiterhin unbenommen, auf die Kleinunternehmerbesteuerung zu verzichten, ein wirtschaftlicher Grund wird sich dafür aber kaum ergeben.

 
Hinweis

Kleinunternehmer müssen Umsatzsteuererklärung abgeben

Nach der bisherigen Regelung müssen bei Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung aber weiterhin jährliche Umsatzsteuererklärungen abgegeben werden. Obwohl im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen wurde, ist das Thema der Abgabeverpflichtung für Kleinunternehmer nicht in das Gesetz mit aufgenommen worden. Ob die Finanzverwaltung diese Frage aufgreift (vorstellbar ist statt einer Angabe des Gesamtumsatzes der Vorjahre auch nur eine Angabe, dass der Gesamtumsatz nicht 22.000 EUR überschritten hat), muss abgewartet werden.

Neben dieser eher bürokratischen Vereinfachung kommt es für die ab dem 1.1.2023 angeschafften Anlagen aber in den Fällen, in denen erzeugter Strom für private Zwecke verwendet wird, zu einem positiven wirtschaftlichen Effekt, da der für private Zwecke...

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