Leitsatz

Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein mit einem dinglichen Nutzungsrecht belastetes Grundstück, führt er seinem Betriebsvermögen ein um dieses Nutzungsrecht eingeschränktes Eigentum an diesem Grundstück zu. Dingliche Belastungen begründen keine Verbindlichkeiten, deren Übernahme zu Anschaffungskosten des Grundstücks führt.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb Grundstücksverwaltungen. Ihre Alleingesellschafterin, die A-GmbH (A) wurde von X und Y beherrscht. Beide waren über weitere Tochter- und Enkelgesellschaften der A auch im Bauträgergeschäft tätig, wobei sie Immobilienfonds initiierten. Daneben bildeten sie eine (GbR).

Anfang/Mitte der 80er Jahre bestellte die Z den Fondsgesellschaften an Grundstücken, die in ihrem Eigentum standen, Erbbaurechte gegen Zahlung einer Einmalvergütung von 32.074.468 DM. Die Laufzeit der Erbbaurechte betrug 75 Jahre, beginnend mit dem Tag der Eintragung im Grundbuch, endend jedenfalls am 31.12.2058. Die Erbbaurechtsverträge sahen wechselseitige Vorkaufsrechte vor.

Zwei Jahre danach veräußerte die Z die Grundstücke an die GbR "unter Berücksichtigung des bestehenbleibenden Erbbaurechts" zu einem Kaufpreis von jeweils 1 DM. Die GbR trat nicht in die bestehenden Erbbaurechtsverträge ein, übernahm jedoch die weiter bestehenden grundbuchrechtlichen Belastungen "ohne Anrechnung auf den Kaufpreis". An der Einmalvergütung, die die Z für die Einräumung der Erbbaurechte erhalten hatte, wurde die GbR nicht beteiligt. Die erbbauberechtigten Immobilienfonds machten von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch. Ein Jahr nach dem Erwerb veräußerte die GbR die Grundstücke zu den gleichen Konditionen, zu denen sie diese erworben hatte, an die Klägerin. Die Fondsgesellschaften übten ihr Vorkaufsrecht wiederum nicht aus.

Die Klägerin aktivierte die streitigen "Erbbaugrundstücke" mit dem jeweiligen Kaufpreis von 1 DM zuzüglich der jeweils angefallenen Anschaffungsnebenkosten.

Das FA folgte dem nicht. Es war der Ansicht, der Klägerin habe ein Anspruch auf das auf die Restlaufzeit des Erbbaurechts entfallende, dafür entrichtete Entgelt zugestanden. Der Verzicht darauf begründe Anschaffungskosten des Grundstücks. Dementsprechend erhöhte das FA den Bilanzansatz für die streitigen Grundstücke um den Wert der Erbbaurechtsentgelte, die auf den Zeitraum bis zum Auslaufen des Erbbaurechts entfielen. Dem stellte es einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten für bis zum Auslaufen der Erbbaurechte anfallende Erbbaurechtsentgelte gegenüber. Diesen Abgrenzungsposten löste das FA über die Laufzeit (Gewinn erhöhend) linear auf.

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das FG entschied, das FA habe dem Grund nach zu Recht die Anschaffungskosten für die Grundstücke über die in der Handelsbilanz bilanzierten Werte hinaus erhöht und korrespondierend einen Passivposten eingestellt. Denn die Klägerin müsse bis zum Ablauf der in den Verträgen zwischen Z und den Fondsgesellschaften vereinbarten Laufzeit dulden, dass Letztere die Grundstücke nutzten. Die Übernahme dieser Duldungsverbindlichkeiten (zu deren Barwert) stelle Anschaffungsaufwand für die Grundstücke dar. In Höhe der jährlichen Minderung dieses Barwerts sei der erklärte Gewinn der Klägerin zu erhöhen (EFG 2003, 414).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin Recht: Die Grundstücke seien um die dinglichen Belastungen des Erbbaurechts "wertgemindert". Nur das entsprechend beschränkte Eigentum sei zu aktivieren. Als reine Sachbeschränkungen korrespondierten diese nicht mit schuldrechtlichen Verpflichtungen, die ihrerseits auszuweisen oder als Anschaffungskosten zu behandeln seien. Erfüllungsrückstände bestünden nicht. Auch für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens gebe es keinen Grund, weil die Klägerin nichts für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag vereinnahmt habe. An den Einmalvergütungen, die die Z erhalten habe, sei sie nicht beteiligt worden.

 

Hinweis

Der Streitfall betraf einen Sachverhalts-Sonderfall:

Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein Grundstück, das mit einem dinglichen Nutzungsrecht (hier: einem Erbbaurecht) belastet ist, dann erwirbt er ein entsprechend eingeschränktes Eigentum. Folglich entstehen insoweit – für das übernommene Nutzungsrecht – keine Anschaffungskosten, jedenfalls so lange nicht, wie der Steuerpflichtige das dingliche Nutzungsrecht nicht gegen Entgelt "beseitigt" und damit das Grundstück "vollständig" erwirbt. Das alles ist die Konsequenz einer abstrakten (zivilrechtlichen) Betrachtungsweise, die zwischen dem dinglichen Recht und dem zugrunde liegenden Schuldrechtsverhältnis trennt.

Abweichend verhält es sich allerdings, wenn der erwerbende Steuerpflichtige in die Duldungspflichten aus dem Nutzungsrecht "einsteigt" und wenn darin ein (weiteres) Entgelt für den Grundstückserwerb zu sehen ist. Das wird in der Praxis sicherlich den "Normalfall" darstellen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.11.2004, I R 96/02

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