Zurückgehend auf die BFH-Rechtsprechung[1] aus dem Jahr 1987 ist die Hingabe von Transportbehältnissen gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld in Deutschland umsatzsteuerrechtlich als Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG zu behandeln. Das gilt unabhängig von der Handelsstufe, auf welcher sie erfolgt. Wie eingangs bereits erläutert, ist dabei hinsichtlich der weiteren umsatzsteuerlichen Behandlung danach zu unterscheiden, ob es sich um ein (selbstständiges) Transporthilfsmittel oder lediglich um eine Warenumschließung handelt. Diese Differenzierung ist nach den Kriterien vorzunehmen, welche das BMF aufgestellt und im Schreiben vom 20.10.2014 veröffentlicht hat.[2]

2.1.1 Abgrenzung von Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen

Der Primärzweck von Transporthilfsmitteln liegt dem Wortlaut entsprechend in der Vereinfachung des Warentransports und der Lagerung. Diese Nutzung ist nicht ausschließlich, sodass eine etwaige Zweckentfremdung, um Waren im Einzelhandel zu präsentieren, keine abweichende Qualifizierung nach sich zieht. Transporthilfsmittel können im Bereich der Logistik innerhalb aller Handelsstufen (Hersteller – Großhändler – Einzelhändler) eingesetzt werden, werden aber typischerweise nicht an den Endverbraucher geliefert.

 
Praxis-Beispiel

Transporthilfsmittel

Das BMF-Schreiben zählt beispielhaft folgende Hilfsmittel auf, die typischerweise als solche qualifizieren:

Getränke-Paletten, H1-Kunststoffpaletten, Kisten (z. B. Ernteboxen), Steigen und Container für Blumen, Obst und Gemüse, Rollcontainer, Fleischkästen, Fischtransportkisten, Shipper-Boxen für Kartoffeln und Zwiebeln, Quattro-Boxen etc.

Von Warenumschließungen geht die Verwaltung aus, wenn der Gegenstand der Lieferung derart beschaffen ist, dass er ein Behältnis benötigt, um für den Endverbraucher verkaufs- und absatzfähig zu sein. Überwiegend sind hiervon alle Arten von Verpackungen umfasst, welche im Einzelhandel abgegeben werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Verpackung für die Ware nicht notwendig, sondern lediglich üblich ist, und ob sie unabhängig von ihrer Verwendungsart keinen dauernden selbstständigen Gebrauchswert haben.

 
Praxis-Beispiel

Warenumschließungen

Als Warenumschließungen listet das BMF-Schreiben innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen, Flaschen, Getränkekästen etc.

2.1.2 Besonderheit: Hingabe von Transporthilfsmitteln im Tauschsystem

Besondere Erwähnung findet im Rahmen der Verwaltungsanweisung die Behandlung von Transporthilfsmitteln im Rahmen von Tauschsystemen, bei denen i. d. R. kein gesondertes Pfandgeld berechnet wird, sondern ein reiner Austausch der Gegenstände stattfindet.

 
Praxis-Beispiel

Tauschsysteme

Ein Großhändler überlässt die von ihm beladenen Paletten dem belieferten Unternehmer und erhält von diesem im Gegenzug Paletten gleicher Art und Güte ohne eine gesonderte Entgeltzahlung. Insbesondere das Lagern von Gütern unter Verwendung der sog. "Euro-Paletten" erfolgt i. d. R. im Rahmen solcher Tauschsysteme.

Aus zivilrechtlicher Sicht liegt diesen Tauschsystemen ein Sachdarlehensvertrag i. S. v. § 607 BGB zugrunde. Für die Umsatzsteuer handelt es sich somit nicht um eine Lieferung, sondern vielmehr um eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG in Gestalt der Nutzungsüberlassung des Sachwertes.[1] Ein steuerbarer Umsatz kann aber grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn auch ein Entgelt vom Leistungsempfänger gezahlt wird. Da dieses bei reinen Tauschsystemen jedoch nicht erhoben wird, ist die sonstige Leistung nicht steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Mangels unternehmensfremder Verwendung der hingegebenen Transporthilfsmittel ist der Vorgang nach Verwaltungsauffassung auch nicht als unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 9a UStG zu behandeln.[2]

 
Hinweis

Keine international einheitliche Behandlung

Die vorbeschriebene Rechtsauffassung bezieht sich nur auf die Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Tauschsystemen kann es zu unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Wertungen kommen, da es keine einheitliche unionsweite Behandlung gibt. In diesen Fall sollte stets die im anderen Staat geltende Rechtslage abgestimmt werden.[3]

Soweit Ersatzleistungen im Fall einer Leistungsstörung (§§ 280 ff. BGB) gezahlt werden müssen, sind diese nach den Grundsätzen im Anwendungserlass als echter Schadensersatz zu behandeln und unterliegen demnach nicht der Umsatzbesteuerung.[4]

 
Praxis-Beispiel

Schadensersatz

Der Empfänger als "Darlehensnehmer" der Paletten ist dazu verpflichtet, im Falle des Diebstahls oder falls ein irreparabler Defekt vorliegt, an den Versender/Darlehensgeber der Paletten eine Zahlung zu leisten.

Die Zahlung ist nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da es sich um einen echten Schadensersatz handelt.[5]

[3] Vgl. zum Beispiel zur Bewertung von Deutschland und Österreich Scheller/Moser, UR 2016, S. 784.
[4] Vgl. Abschn. 3.1 Abs. 1 und 9 UStAE.
[5] Vgl. BM...

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