rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung allein des Kundenstamms einer Bäckerei

 

Leitsatz (redaktionell)

Beabsichtigt eine Bäckerei ihren Geschäftsbetrieb auf Dauer einzustellen, veräußert jedoch allein ihren Kundenstamm, liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG 1999 vor, weil der Kundenstamm einer Bäckerei nicht die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht. Werden weder Produktionsanlagen, Gebäude noch Fertigungsanlagen oder sonstiges Anlagevermögen übertragen und tritt der Käufer auch nicht in die bestehenden Miet- und Pachtverträge ein, wird kein hinreichendes Ganzes übernommen.

 

Normenkette

UStG 1999 § 1 Abs. 1a; EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 8, Art. 6 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.11.2009; Aktenzeichen V B 46/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob es sich bei dem Verkauf des Kundenstammes der Klägerin um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt.

In 2000 schloss die Bäckerei ME GmbH mit der M. Backshops GmbH (im Folgenden Käuferin) folgende Vereinbarung:

„… Die Übergeberin beabsichtigt, aus produktionstechnischen und wirtschaftlichen Gründen ihren Geschäftsbetrieb auf Dauer einzustellen.

Die Übernehmerin ist zur Auslastung ihrer in W. im Bau befindlichen Kapazitäten aneiner Übernahme der Kunden der Übergeberin interessiert.

Dazu werden in der folgenden Vereinbarung die Rahmenbedingungen festgelegt:

Die Übergeberin verpflichtet sich, spätestens bis Ende 2000 die Produktion vollkommen einzustellen.

Die Übergeberin verpflichtet sich weiterhin, bis spätestens Ende 2000 alle Kunden It. der vorliegenden Kundenumsatzliste Dezember 1999 auf die Übernehmerin zu übertragen.

Sollten bei einzelnen Kunden Vorbehalte gegen die Übertragung bestehen, verpflichtet sich die Übergeberin, die Kunden auch über das Ende des Jahres 2000 weiter zu beliefern und zu fakturieren. Voraussetzung dazu ist jedoch, dass die Übergeberin spätestens ab 2001 alle vertriebenen Produkte von der Übernehmerin bezieht, sofern diese die betroffenen Artikel im Sortiment führt.

Für die Übergabe der Kunden verpflichtet sich die Übernehmerin, einen Kaufpreis von DM 1.600.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen. Die Ermittlung des Kaufpreises ist in einer Anlage zu dieser Vereinbarung enthalten.

Die Abrechnung zwischen den Parteien erfolgt nach Übertragung der einzelnen Kunden, spätestens aber im Dezember 2000.

Sollte die unter 2. notwendige weitere Belieferung einzelner Kunden durch die Übergeberin ab 2001 erforderlich werden, verpflichten sich die Parteien bereits jetzt, eine angemessene Vergütung für die zu erbringenden Dienstleistungen zu vereinbaren. Diese Vergütung kann in einem gesonderten Entgelt oder einer entsprechenden Preisvereinbarung festgelegt werden.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass sich der Kundenstamm bis Ende 2000 nicht wesentlich verändern wird, da sich Zu- und Abgänge von Kunden im Jahr 2000 die Waage halten werden. Insoweit ist eine Änderung oder Fortschreibung der Vereinbarung des Kaufpreises nicht erforderlich …”

Im Jahr 2005 wurde die Brotbäckerei ME GmbH in die A. Landbrotbäckerei umbenannt (Gesellschafterbeschluss vom …).

Im Jahr 2006 führte die Betriebsprüfungsstelle des FA bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Hierbei kam diese zu dem Schluss (Tz. 45 des BP-Berichtes), dass der mit Vertrag vereinbarte Verkauf des Kundenstammes an die Käuferin keine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen, sondern einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang darstelle.

Mit Bescheid vom … änderte das Finanzamt daraufhin die eingegangene Umsatzsteuererklärung und setzte die Umsatzsteuer für 2000 auf 84.399,46 Euro fest.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück. Die Käuferin habe durch die Übernahme des Kundenstammes den eigenen Geschäftswert durch Ausschaltung eines Konkurrenten verbessern wollen. Die Absicht, das Unternehmen der Klägerin fortzuführen, habe nicht bestanden. Es seien weder die Betriebsanlagen noch die Beschäftigten übernommen worden. Die Veräußerung des Kundenstammes sei steuerpflichtig.

II.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ende der 90er Jahre sei die Modernisierung des Betriebs der Klägerin dringend notwendig gewesen. Aufgrund der schwierigen Marktlage sei dies aber nicht sinnvoll gewesen. Darüber hinaus sei der Bäckereibetrieb der Klägerin durch behördliche Auflagen und Nachbarschaftsstreitigkeiten belastet worden. All diese Umstände ließen die Betriebsfortführung als unrentabel erscheinen. Das Anlagevermögen habe zum 31. Dezember 1999 weniger als 10 v. H. der Bilanzsumme betragen. Da die Käuferin vorrangig an der Auslastung ihrer eigenen Kapazitäten interessiert gewesen sei, habe diese von der Klägerin nur den Kundenstamm und die Lieferverträge übernommen. Die Klägerin habe ihren Betrieb zum Ende des Jahres 2000 eingestellt. Entgegen der Ansicht des...

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