Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffung eines Kleintransporters als nach dem InvZulG begünstigte Betriebsstättenerweiterung. Abweichen von einschlägigen Verwaltungsanweisungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nicht jedwede Steigerung des Outputs eines Unternehmens stellt eine Betriebsstättenerweiterung i. S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 InvZulG 2005 dar. Vielmehr muss die Investition dazu geeignet sein, dem Betrieb längerfristig und grundsätzlich eine umfassendere Produktion zu ermöglichen. Ob diese Voraussetzung im Einzelfall erfüllt ist, ist mittels einer Evidenzbetrachtung zu prüfen.

2. Im Streitfall stellte die Anschaffung eines Kleintransporters eine wesentliche Ergänzung dar, um die produzierten Waren (und Monteure) an ihren Bestimmungsort zu verbringen. Ohne die Anschaffung wäre die Klägerin darin gehindert gewesen, weitere bestimmte Aufträge anzunehmen und vorproduzierte Metallwaren zu installieren.

3. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot ist gegeben, wenn das FA ohne sachlichen Grund von der durch einschlägige Verwaltungsanweisungen für vergleichbare Fälle angeordneten Praxis abweicht.

 

Normenkette

InvZulG 2005 § 2 Abs. 3 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheides über die Festsetzung einer Investitionszulage nach § 2 des Investitionszulagengesetzes 2005 vom 1. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. November 2007 wird die Investitionszulage 2005 i.H.v. 6.449,75 EUR festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Klägerin Investitionszulage für einen Mercedes-Transporter gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Investitionszulagengesetzes 2005 (InvZulG), in der ab dem 24. Januar 2005 geltenden Fassung, beanspruchen kann.

Die Klägerin ist eine familiengeführte Personenhandelsgesellschaft mit Sitz in A-Stadt. Sie fertigt Metallkonstruktionen wie Metalltore, Türen und Treppen in ihrer Betriebsstätte, transportiert die Einzelteile der jeweiligen Anlage mit Kleintransportern und baut sie am Bestimmungsort ein. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Klägerin ein verarbeitendes Gewerbe i.S.d. Abschnittes D Unterabschnitt DJ der Klassifikation der Wirtschaftszweige betreibt.

Im Kalenderjahr 2005 kaufte die Klägerin einen Mercedes Benz-Transporter 211 CDI Sprinter zu einem Preis von 23.600 Euro. Sie verfügte zu diesem Zeitpunkt über folgende weiteren Fahrzeuge:

  1. Ford Fiesta Kurier
  2. Ford 350 L
  3. Peugeot Boxer Pritschenwagen

Für diesen Mercedes Sprinter sowie ein MAG-Schweißgerät und einen Schweißgleichrichter beantragte die Klägerin mit Antrag vom 11. Dezember 2006 für das Kalenderjahr 2005 die Gewährung von Investitionszulage (Fördersatz 25 v.H.). Der Beklagte gewährte mit Bescheid vom 1. Dezember 2006 (Bl. 18 der Investitionszulage-Akte) die Investitionszulage i.H.v. 549,75 Euro. Den Mercedes Benz-Transporter ließ er unberücksichtigt. Den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies er mit Entscheidung vom 19. November 2007 als unbegründet zurück.

Die Klägerin ist der Ansicht, mit der Anschaffung des Mercedes-Transporters im Rahmen ihres Betriebes des verarbeitenden Gewerbes ihre bestehende Betriebsstätte i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 Investitionszulagengesetz 2005 erweitert zu haben. Ein deutliches Indiz sei die Steigerung des Umsatzes vom Geschäftsjahr 2004 zum Geschäftsjahr 2005 von 1.141.000 Euro auf 1.534.000 Euro. Darüber hinaus habe der Beklagte in der Einspruchsentscheidung selbst anerkannt, dass der streitige Transporter in ihren Leistungsprozess eingebunden sei. Das Fahrzeug diene dazu, sowohl die in der Werkhalle vorgefertigten Metallteile als auch die Monteure zu den Baustellen zu befördern. In einer Kosten- und Leistungsrechnung würden die Kosten für den Kleintransporter als direkte Fertigungskosten erfasst.

Darüber hinaus argumentiere der Beklagte lediglich mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben) vom 20. Januar 2006 (C 3-InvZ 1015-1/06, Bundessteuerblatt – BStBl – I 2006, 119 ff). Sie sei der Ansicht, dass ihr nach den Ausführungen in Tz. 99 dieses Schreibens die Investitionszulage – aufgrund einer Erweiterung ihrer bestehenden Betriebsstätte – zuerkannt werden müsse. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 10. Dezember 2007 (Bl. 9 ff der Gerichtsakte) verwiesen.

Darüber hinaus habe das BMF mit Schreiben vom 23. Juli 2009 (IV C 3-InvZ 1015/07/001, 2009/0468708, BStBl I, 810 ff) das BMF-Schreiben vom 8. Mai 2008 betreffend Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Anwendung des Investitionszulagengesetzes 2007 geändert und insbesonder...

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