Leitsatz

Erhält ein Ehegatte zu Beginn der Ehe vom anderen Ehegatten als Ausgleich für einen ehevertraglich vereinbarten Teilverzicht auf nachehelichen Unterhalt einen Geldbetrag, ist dies als freigebige Zuwendung zu beurteilen. Der Teilverzicht stellt keine die Bereicherung mindernde Gegenleistung dar.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 3, § 11 ErbStG, § 4 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin schloss 1997 mit ihrem künftigen Ehemann (E) einen Ehevertrag, wonach ein ihr etwa zustehender gesetzlicher nachehelicher Unterhaltsanspruch auf monatlich höchstens 10  000 DM (wertgesichert) beschränkt wurde. Bei einer Wiederverheiratung sollte sich der Betrag halbieren. Zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sollte die Klägerin nicht verpflichtet sein. Als „Gegenleistung” zahlte E der Klägerin bei Eheschließung 1,5 Mio. DM.

In dieser Zahlung sah das FA eine freigebige Zuwendung. Dagegen meinte die Klägerin, der Teilverzicht auf den nachehelichen Unterhalt stelle eine Gegenleistung dar.

 

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH stellt der Teilverzicht auf den nachehelichen Unterhalt keine Gegenleis­tung dar. Dies ergebe sich sowohl aus § 7 Abs. 3 ErbStG als auch aus § 4 BewG. Der Wert eines solchen Teilverzichts lasse sich zu Beginn einer Ehe nicht ermitteln. Zu diesem Zeitpunkt sei ungewiss, ob und wann die Ehe geschieden wird, ob die Klägerin nach einer etwaigen Scheidung unterhaltsbedürftig sein wird, wie es um die ­Leistungsfähigkeit des E bestellt ist und welchen weiteren Unterhaltspflichten er unterliegt.

Auch § 4 BewG schließe eine Berücksichtigung des Teilverzichts als Gegenleistung aus. § 4 BewG habe nicht nur für den aufschiebend bedingten Erwerb der Schenkerleistung durch den Bedachten Bedeutung, sondern auch für den Nichtansatz einer aufschiebend bedingten (potenziellen) Gegenleistung. Auch der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei erfüllt. Sollte E den Teilverzicht für eine Gegenleistung gehalten haben, läge ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum vor. Der Irrtum hätte nach den objektivierenden Maßstäben des Verkehrsüblichen keinen realen Bezug gehabt.

 

Hinweis

Ein (formwirksamer) vorehelicher Ehevertrag kann durchaus zu einer freigebigen Zuwendung verpflichten. Ist die Zuwendung frühestens im Zeitpunkt der Eheschließung zu erbringen, kann sie zivilrechtlich bereits unter die ehebedingten Zuwendungen fallen. Dies schließt ebenfalls einen Erwerb nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht aus.

Verzichtet der empfangende Ehegatte im Zusammenhang mit der Zuwendung auf künftige gesetzliche Ansprüche, stellt sich die Frage, ob der Verzicht eine Gegenleistung darstellt. Betrifft der Verzicht lediglich die Chance auf einen solchen Anspruch, fehlt ihm regelmäßig der Gegenleistungscharakter. Dies hat der BFH bereits für den Verzicht auf etwaige künftige Zugewinnausgleichsansprüche ausgesprochen (Urteil vom 28.06.2007, II R 12/06, BFH-PR 2007, 436). Es gilt auch für den Verzicht auf nacheheliche Unterhaltsansprüche.

Daran vermag der Zwang, der von der zivilgerichtlichen Wirksamkeitskontrolle unter dem Gesichtspunkt des § 138 BGB auf die Gestaltung der Eheverträge ausgeht, nichts zu ändern. Die Anwendung des § 138 BGB führt allenfalls zur Unwirksamkeit des Verzichts, nicht aber zu einem Zahlungsanspruch gem. den § 1569 ff. BGB, schon zu Beginn der Ehe.

Etwas überraschend stützt der BFH seine Aussage, dass dem Verzicht auf derartige potenzielle Ansprüche kein Gegenleistungscharakter zukommt (vgl. auch zu potenziellen Pflichtteils-­[ergänzungs]ansprüchen: BFH, Urteil vom 25.01.2001, II R 22/98, BFH-PR 2001, 149), nicht nur auf § 7 Abs. 3 ErbStG, sondern auch auf § 4 BewG. Dies darf nicht dahin verstanden werden, dass dem Verzicht in dem Augenblick (und in der Höhe) doch die Eigenschaft einer Gegenleistung zukommt, in dem der zunächst nur potenzielle Anspruch tatsächlich entstehen würde. Ein solches Verständnis wäre mit der auf § 7 Abs. 3 ErbStG abstellenden und für sich allein tragenden Begründung nicht vereinbar. Der Bezugnahme auf § 4 BewG kann daher nur die Bedeutung beigemessen werden, das Argument zu bestätigen, dass der Verzicht auf Ansprüche, deren Entstehung von mehreren Bedingungen abhängt, nicht zu berücksichtigen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.10.2007, II R 53/05

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