OFD Hannover, 17.2.2009, S 2227 - 10 - StO 217

 

1. Allgemeines

Aufwendungen für Studienreisen und Fachkongresse sind nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Teilnahme so gut wie ausschließlich beruflich/betrieblich veranlasst ist und die Verfolgung privater Interessen (z.B. Erholung, Bildung, Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises) nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist.

Insbesondere bei Informationszwecken dienenden Auslandsgruppenreisen und Auslandsfachkongressen ist es oft schwierig, ein – für die sachgerechte Beurteilung erforderliches -eindeutiges Bild über deren Veranlassung zu erhalten. Die wichtigsten Grundsätze zur steuerlichen Behandlung derartiger Aufwendungen sind in R 12.2 EStR und in H 12.2 EStH dargestellt.

Die Abgrenzung und Entscheidung darüber, ob (private) Lebenshaltungskosten oder berufliche/betriebliche Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgen. Für die einkommensteuerrechtliche Würdigung ist es demnach unerlässlich, vor einer Entscheidung insbesondere das vollständige Reiseprogramm sowie die Namen und Anschriften der übrigen Teilnehmer (vgl. 2.2 Homogener Teilnehmerkreis) anzufordern.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist die Reise für den Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzug stets als Einheit zu beurteilen. Steuerpflichtige sollen durch eine mehr oder weniger zufällig oder bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen/betrieblichen und privaten Interessen nicht in die Lage versetzt werden, Reiseaufwendungen nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern zu können, weil sie entsprechende Berufe/Tätigkeiten ausüben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus dem versteuerten Einkommen decken müssen.

Derartige gemischte Aufwendungen sind nach der Intention des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG (Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit) insgesamt den Kosten der privaten Lebensführung zuzurechnen, wenn und soweit die beruflichen/betrieblichen Aufwendungen nicht nach objektiven Maßstäben und in nachprüfbarer Form voneinander getrennt werden können. Lediglich darin, wenn objektive Merkmale eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung des beruflichen/betrieblichen Teils vom privaten Teil der Reise ermöglichen und der berufliche/betriebliche Teil nicht von untergeordneter Bedeutung ist, können Teile der Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden (Grundsatzurteile des Großen Senats des BFH vom 19.10.1970, GrS 2/70, BStBl 1971 II S. 17 und vom 27.11.1978, GrS 8/77, BStBl 1979 II S. 213).

Mit Vorlagebeschluss vom 20.7.2006, VI R 94/01, BStBl 2007 II S. 121, hat der VI. Senat des BFH dem Großen Senat die Rechtsfrage vorgelegt, ob bei gemischt veranlassten Reisen Aufwendungen für die Hin- und Rückreise nach Maßgabe der beruflich/betrieblich und privat veranlassten Zeitanteile im Schätzungswege aufgeteilt werden können, wenn die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile feststehen und diese nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen – GrS 1/06 – geführt. Die Entscheidung des Großen Senats bleibt abzuwarten. Anhängige Rechtsbehelfsverfahren ruhen gem. § 363 Abs. 2 AO.

 

2. Einzelkriterien

Die berufliche/betriebliche Veranlassung einer Reise kann nicht bereits durch allgemeine Ausführungen des Steuerpflichtigen (allgemeine berufliche Bildung, allgemeine Informationsgewinnung) nachgewiesen werden. Folgende Kriterien sind im Einzelfall zu überprüfen und finden bei Auslandskongressen sinngemäß Anwendung:

 

2.1 Reiseprogramme müssen auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein

An den Nachweis der beruflichen/betrieblichen Veranlassung einer Auslandsgruppenreise sind nach der Rechtsprechung des BFH strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht nicht aus, wenn die Teilnehmer nur ein allgemein berufliches Interesse kundtun, da die Förderung der allgemeinen beruflichen Bildung Teil der Allgemeinbildung ist. Vielmehr sollte das Reiseprogramm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein und der Reise offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass oder ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zugrunde liegen. Solche Reisen sind in der Regel ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen, selbst wenn sie in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden, vorausgesetzt, die Verfolgung privater Interessen bildet nicht den Schwerpunkt der Reise (BFH-Urteile vom 27.8.2002, VI R 22/01, BStBl 2003 II S. 369 und vom 27.7.2004, VI R 81/00, BFH/NV 2005 S. 42).

BFH-Urteil vom 23.1.1997, IV R 39/96, BStBl 1997 II S. 357

Das Halten eines einzigen Vortrages ist für sich genommen nicht geeignet, die Teilnahme an einem mehrtägigen Fachkongress als unmittelbar...

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