Rz. 24

Hinsichtlich der Frage nach dem maßgeblichen Gewinn ergibt sich aus § 232 Abs. 1 HGB lediglich, dass der Gewinn am Schluss eines jeden Geschäftsjahrs zu berechnen und der auf den stillen Gesellschafter entfallende Gewinn ihm auszubezahlen ist. Daraus lässt sich ableiten, dass der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters im Wege der Aufstellung einer Bilanz bzw. einer Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr des Inhabers des Handelsgeschäfts zu ermitteln ist.[1] Ferner lässt sich daraus ableiten, dass die Gewinnermittlung nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 238 ff. HGB zu erfolgen hat.[2]

 

Rz. 25

Bestehen keine gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen über die Art und den Umfang der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters, ermittelt sich sein Gewinnanteil regelmäßig auf der Grundlage des handelsrechtlichen Jahresabschlusses des Inhabers des Handelsgeschäfts.[3] Dies lässt sich mit § 233 HGB i. V. m. § 166 Abs. 1 Satz 1 HGB begründen, wonach der stille Gesellschafter berechtigt ist, eine Abschrift des handelsrechtlichen Jahresabschlusses i. S. d. § 242 Abs. 3 HGB zu verlangen und zu dessen Überprüfung Einsicht in die zugehörigen Geschäftsunterlagen zu nehmen.[4] Anstelle des handelsrechtlichen Jahresabschlusses kann aber auch die Steuerbilanz als Grundlage für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters dienen.[5] Im Gesellschaftsvertrag sollte daher eindeutig geregelt werden, ob der handelsrechtliche Jahresabschluss oder die Steuerbilanz als Instrument zur Gewinnermittlung dienen soll.[6]

 

Rz. 26

In der Literatur ist umstritten, ob der stille Gesellschafter einer typischen stillen Gesellschaft am gesamten Handels- oder Steuerbilanzgewinn oder lediglich am Betriebsgewinn[7] teilnimmt.[8] So erstreckt sich gemäß der Rechtsprechung des RGH und des BGH sowie zahlreicher Literaturansichten die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht auf den gesamten Handels- oder Steuerbilanzgewinn, sondern vielmehr nur auf den Betriebsgewinn.[9] Dagegen gibt es aber auch Literaturansichten, die die Begrenzung der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters auf den Betriebsgewinn bestreiten.[10] Als Argument gegen die Teilnahme des stillen Gesellschafters allein am Betriebsgewinn wird z. B. angeführt, dass sich der gemeinsame Zweck auf sämtliche Erträge und Aufwendungen des Unternehmensvermögens zu beziehen habe.[11] Ferner sei das Anlagevermögen genauso betriebsnotwendig wie das Umlaufvermögen.[12] Zudem sei nicht nur das Betriebsergebnis, sondern auch das Finanzergebnis des Unternehmens für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters maßgeblich.[13] Um Streitigkeiten in dieser Hinsicht zu vermeiden, sollten daher im Gesellschaftsvertrag eindeutige Regelungen darüber getroffen werden, welche (betriebsbedingten) Erträge und (betriebsbedingten) Aufwendungen für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters einer typischen stillen Gesellschaft maßgebend sind.

[1] Vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 34.
[2] Vgl. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, 2. Aufl. 2000, S. 28.
[3] Vgl. Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, 2. Aufl. 1984, S. 57; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 34 m. w. N.
[4] Vgl. auch Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 34.
[5] Vgl. Kauffeld, in Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 8.2.
[6] Vgl. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, 2. Aufl. 2000, S. 28.
[7] Der Betriebsgewinn ermittelt sich durch Hinzurechnungen und Abrechnungen aus dem gesamten Handels- oder Steuerbilanzgewinn. Er stellt denjenigen Gewinn dar, den der Geschäftsinhaber aus gewöhnlichen Handelsgeschäften erwirtschaftet. Vgl. dazu Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990, S. 35 m. w. N. Zum "Betriebsgewinn" in der Literatur und in der Rechtsprechung vgl. ausführlich Zinkeisen, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, 1972, S. 4 ff. (Diss.).
[8] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Schmidt, in Schmidt, Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2019, § 232 HGB Rz. 5.
[9] Vgl. RG, Urteil v. 20.12.1929, II 66/29, RGZ 126 S. 393; RG, Urteil v. 14.12.1938, II 109/38, JW 1939 S. 490; Schmidt, in Schmidt, Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2019, § 232 HGB Rz. 5 m. w. N; Gehrlein, in Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch Kommentar, 4. Aufl. 2020, § 232 HGB Rz. 9; Roth, in Hopt, Handelsgesetzbuch, 43. Aufl. 2024, § 232 HGB Rz. 1. Bei der atypischen stillen Gesellschaft nimmt der stille Gesellschafter im Regelfall am gesamten Handels- oder Steuerbilanzgewinn teil. Vgl. in diesem Kontext auch Roth, in Hopt, Handelsgesetzbuch, 43. Aufl. 2024, § 230 HGB Rz. 3.
[10] Vgl. z. B. Sudhoff, NJW 1960, S. 2123; Zinkeisen, Der Umfang der Gewinnbetei...

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