OFD Nürnberg, 08.08.2000, S 1910 - 2/St 31

Am 14.7.2000 hat der Bundesrat dem Steuersenkungsgesetz (StSenkG) in der vom Vermittlungsausschuss geänderten Fassung zugestimmt. Die Reform ist im Wesentlichen von der Senkung der Steuersätze und der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens geprägt. Die wichtigsten Änderungen im ertragsteuerlichen Bereich werden im Folgenden kurz dargestellt.

 

1. Einkommensteuergesetz

 

1.1 Halbeinkünfteverfahren

Während der Körperschaftsteuer bisher in erster Linie Vorauszahlungscharakter zukam, wirkt sie zukünftig als Definitivsteuer. Einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne werden ab 2001 einheitlich mit 25 % besteuert. Eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf der Ebene des Anteilseigners erfolgt nicht mehr. Eine etwaige Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne wird bei natürlichen Personen als Anteilseigner durch die hälftige Steuerfreistellung der Dividenden nach § 3 Nr. 40 d EStG n.F. nur noch in pauschaler Form vermieden (sog. Halbeinkünfteverfahren).

Übersicht zum Halbeinkünfteverfahren

       
  Gewinn    
                                     
  \/   \/    
  25 %   75 %    
  Körperschaftsteuer   Nettodividende    
         
  \/            
  25   \/   \/  
 

37,5

steuerfrei § 3 Nr. 40 d) EStG
 

37,5

steuerpflichtig § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
 
       
      \/     \/    
      Keine   Persönlicher    
      ESt   ESt-Satz    
          z.B. 40 %    
                               
      \/                      
      Einnahme nach ESt 37,5                      
              \/     \/    
              15     Einnahme  
                    nach ESt 22,5  

Bei einem persönlichen Steuersatz des Anteilseigners von 40 % ist die Steuerbelastungsquote bei beiden Verfahren gleich. Ist der persönliche Einkommensteuersatz des Anteilseigners dagegen geringer als 40 %, führt das neue System beim Anteilseigner zu höheren Belastungen.

Vergleich der Systemumstellung bei einem persönlichen Steuersatz des Anteilseigners von 40 % (ohne Berücksichtigung der KapESt und des Sparerfreibetrags)

  Bisheriges System Neues System
Bardividende 70,0 75,0
Steuerpflichtige Einnahmen (bisher zuzüglich 3/7) 100,0 37,5
./. persön. ESt (z.B. 40 %) 40,0 15,0
Bisher + 3/7 Anrechnung KSt + 30,0
Einnahme nach ESt 60,0 60,0
Steuerbelastungsquote 40 % 40 %

Handelt es sich beim Anteilseigner dagegen um eine Kapitalgesellschaft, bleibt die Dividende steuerfrei. § 8 b KStG, der bislang nur Dividenden aus Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften von der Körperschaftsteuer frei stellte, wird auf inländische Gesellschaften ausgedehnt. Dies gilt ohne Rücksicht auf eine bestimmte Beteiligungshöhe und Mindestbesitzzeit. Durch die Steuerfreistellung der Dividenden werden Mehrfachbelastungen mit Körperschaftsteuer im Konzern vermieden.

Natürliche Personen dürfen nach § 3 c Abs. 2 EStG n.F. die mit den Dividendeneinnahmen zusammenhängenden Werbungskosten nur noch zur Hälfte abziehen. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen angefallen sind. Selbst wenn im Veranlagungszeitraum keine Einnahmen anfallen, sind die Aufwendungen nur zur Hälfte abziehbar. Betriebsausgaben von Kapitalgesellschaften, die mit steuerfreien Dividenden in Zusammenhang stehen, sind hingegen nicht mehr abziehbar – vgl. § 3 c Abs. 1 EStG n.F. Bei Auslandsdividenden ist in diesem Zusammenhang § 8 b Abs. 5 KStG n.F. zu beachten, wonach 5 % der empfangenen Dividende als Betriebsausgaben gelten, die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

Die Systemumstellung erfolgt auf der Ebene des Anteilseigners – im Gegensatz zur Ebene der Körperschaft – ohne Übergangsregelung. Das Halbeinkünfteverfahren ist erstmals für Gewinnausschüttungen anzuwenden, auf die das Anrechnungsverfahren nicht mehr angewendet wird (§ 52 Abs. 4 a und Abs. 50 b EStG n.F.). Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, so findet das Anrechnungsverfahren also letztmalig Anwendung, wenn bis zum 31.12.2001 eine Ausschüttung für 2000 bzw. ein früheres Jahr erfolgt. Für andere Ausschüttungen – wie Vorabausschüttungen und verdeckte Gewinnausschüttungen – gilt das Anrechnungsverfahren nur noch, wenn diese in 2000 erfolgt sind. Handelt es sich beim Anteilseigner um eine Kapitalgesellschaft, hängt die steuerfreie Dividendenvereinnahmung davon ab, ob auf die ausschüttende Körperschaft noch das Anrechnungsverfahren Anwendung findet oder nicht. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, sind bei der Muttergesellschaft die von der Tochtergesellschaft ab dem 1.1.2002 ausgeschütteten Dividenden steuerfrei.

Dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen neben Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG n.F. auch

  • sonstige Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 2 Nr. 1 EStG n.F.,
  • Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 2 a EStG n.F.,
  • im Betriebsvermögen entstandene Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Voraussetzung ist jedoch, dass die Anteile vor der Veräußerung...

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