Leitsatz

Die vorherige Einbringung der Anteile an einer Mitunternehmerschaft in andere Personengesellschaften steht einer Realteilung der Mitunternehmerschaft mit Buchwertfortführung nicht entgegen, wenn an den anderen Personengesellschaften vermögensmäßig nur die Personen beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermö­gensmäßig beteiligt waren.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

An einer grundstücksverwaltenden GmbH & Co. KG waren zwei Gesellschafter beteiligt. Sie beschlossen im Jahr 2002, die Grundstücke unter sich aufzuteilen und getrennter Wege zu gehen. Dies wurde dadurch verwirklicht, dass jeder der Gesellschafter eine Ein-Mann-GmbH & Co. KG gründete und seinen Anteil an der Grundstücks-KG am 31.12.2002 um 12:00 Uhr auf "seine" Ein-Mann-KG übertrug. Um 13:00 Uhr wurde die Grundstücks-KG real geteilt, indem jedem der beiden Gesellschafter – nämlich jetzt den beiden Ein-Mann-KGs – Grundstücke übertragen wurden. Bilanziell wurden die Buchwerte fortgeführt.

Das FA war der Meinung, es habe eine gewinnrealisierende Aufgabe der Grundstücks-KG stattgefunden. Der Vorgang sei auf der Grundlage der sog. Gesamtplanrechtsprechung als Übertragung der Grundstücke aus dem Gesamthandsvermögen der Grundstücks-KG in das Gesamthandsvermögen von Schwestergesellschaften zu werten. Solche Übertragungen seien nicht zum Buchwert möglich. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 9.2.2012, 3 K 1348/10 F, Haufe-Index 2963965, EFG 2012, 1256) teilte die Auffassung des FA.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG für eine Realteilung zu Buchwerten seien erfüllt. Es werde auch der Zweck der Norm erreicht, den bisherigen Gesellschaftern die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter Fortführung der stillen Reserven zu ermöglichen, weil an den Ein-Mann-KGs wiederum nur die bisherigen Gesellschafter beteiligt gewesen seien.

 

Hinweis

1. Seit 2001 ist eine Realteilung in Einzelwirtschaftsgüter (wieder) zum Buchwert möglich. Anstelle einer Versilberung des Gesellschaftsvermögens können die Gesellschafter die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens unter sich aufteilen und dann die Buchwerte fortführen, soweit sie die Güter anschließend in einem eigenen Betriebsvermögen nutzen. Dabei muss nicht darauf geachtet werden, ob ein Gesellschafter mehr oder weniger von den stillen Reserven übernimmt, als ihm nach seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen an sich zusteht. Buchmäßig wird die damit einhergehende Verschiebung der stillen Reserven durch eine Anpassung der Kapitalkonten an die Summe der Buchwerte der übernommenen Güter verwirklicht.

2. Nicht geklärt ist bisher, ob auch das Gesamthandsvermögen einer Schwestergesellschaft, also einer weiteren Personengesellschaft, an der ein Realteiler beteiligt ist, Ziel der Übertragung bei Auseinandersetzung der Altgesellschaft sein kann. Die Finanzverwaltung verneint diese Frage, was Ursache für den hier entschiedenen Rechtsstreit war.

a) Zwar war hier nicht unmittelbar auf Schwestergesellschaften übertragen worden. Vielmehr hatte man die Schwestergesellschaften kurz vor der Realteilung durch Einbringung der Anteile an der Realteilungsgesellschaft zu deren Gesellschaftern gemacht. Darin sah das FA aber eine Umgehung des von ihr angenommenen Verbots einer Übertragung auf Schwestergesellschaften.

b) Die jetzt vom BFH getroffene Entscheidung geht auf das vermeintliche Übertragungsverbot nicht ein, sondern löst den Fall auf anderem Weg. Denn die Realteilung wurde durch Übertragung in die eigenen Betriebsvermögen der Realteiler vollzogen und entsprach damit dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG. Wenn im Fall einer doppelstöckigen Struktur Gesellschafter der Realteilungsgesellschaft eine andere Personengesellschaft ist, ist deren Gesamthandsvermögen ihr Betriebsvermögen und damit das vom Gesetz gemeinte "Ziel"-Betriebsvermögen. Da an den beiden neu geschaffenen Ein-Mann-KGs auch nur die beiden vorherigen natürlichen Personen als Gesellschafter beteiligt waren, die stillen Reserven nach der Realteilung mittelbar also weiterhin nur diesen Personen zustanden, sah der BFH den Zweck des Buchwertprivilegs erreicht. Dass dies durch Zwischenschaltung weiterer Gesellschaften geschehen war, spielte insoweit keine Rolle. Anders würde der BFH aber möglicherweise urteilen, wenn Dritte an den zwischengeschalteten Gesellschaften beteiligt wären, weil Zweck des Buchwertprivilegs nur die Fortführung der stillen Reserven durch die bisherigen Gesellschafter ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.12.2015 – IV R 8/12

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