Leitsatz

1. Die Steuerfreiheit in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG für Zinsen aus Lebensversicherungen ist nicht an die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs für die Versicherungsbeiträge geknüpft.

2. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nimmt lediglich Bezug auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, nicht aber auch auf § 10 Abs. 2 EStG. Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG kommt es deshalb lediglich darauf an, ob der betreffende Versicherungsvertrag generell zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begünstigten Vertragstypen gehört.

3. Es ist daher unschädlich, wenn der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaft die Erlaubnis zum Betrieb eines nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG begünstigten Versicherungszweigs im Inland nicht erteilt worden ist.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger unterhielten seit 1982 bei einer Bank in der Schweiz ein über Darlehen finanziertes Wertpapierdepot. Tilgung und Besicherung des Darlehens erfolgten über bereits 1981 in der Schweiz abgeschlossene Lebensversicherungen, die keine Erlaubnis nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG besaßen. Bei Fälligkeit am 1.9.1996 wurde den Klägern Zinsen von rd. 2,552 Mio. DM gutgeschrieben.

 

Entscheidung

Der BFH schloss sich der überwiegend in der Literatur vertretenen Auffassung an, die Steuerfreiheit der Zinsen setze nicht eine – zumindest dem Grund nach – bestehende Möglichkeit zum Abzug der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben voraus.

Im Streitfall sei auch die Einschränkung der Steuerfreiheit solcher Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG ohne Bedeutung; denn nach § 52 Abs. 20 Satz 2 i.V.m. Abs. 12 Satz 3 EStG 1996 sei diese Regelung erstmals anzuwenden, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13.2.1992 zur Tilgung und Sicherung eines Darlehens eingesetzt worden seien.

 

Hinweis

1. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies aber nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG dürfen nur mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Allerdings schränkt § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3, nunmehr Satz 4, EStG die Steuerfreiheit der Zinsen ein, sofern die Versicherungsansprüche nach dem 13.2.1992 der Sicherung von Darlehen dienten.

2. Die Finanzverwaltung, vgl. BMF, Schreiben vom 18.12.1979, IV B 4 – S 2252 – 126/79, DB 1980, 232, und ein Teil des zitierten Schrifttums vertraten die Auffassung, die Steuerfreiheit für Zinsen aus solchen Versicherungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG komme nur zum Zug, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG – für den Sonderausgabenabzug – erfüllt seien.

3. Überwiegend wurde aber schon bisher die umfassend nachgewiesene Auffassung vertreten, die Steuerfreiheit der Zinsen setze nicht die Möglichkeit voraus, die Versicherungsbeiträge gem. § 10 Abs. 2 EStG auch als Sonderausgaben geltend machen zu können.

Nach dem klaren Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG wird ausschließlich auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Bezug genommen. Daraus folgt aber, dass es allein darauf ankommen kann, ob der betreffende Versicherungsvertrag generell zu den begünstigten Vertragstypen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gehört.

Auch der die Steuerfreiheit einschränkenden Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG ist nur zu entnehmen, dass bestimmte Versicherungsformen steuerlich begünstigt werden sollten, keinesfalls aber, dass zwischen den nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG und den einem Sonderausgabenabzug zugänglichen Lebensversicherungen eine vollständige Deckungsgleichheit vorliegen müsse. Ebenso wenig lässt sich der Entstehungsgeschichte eine solche Zielsetzung entnehmen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.3.2005, VIII R 47/01

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