Leitsatz

1. Die Nutzung einer vor dem 1.1.1987 fremdvermieteten Wohnung zu eigenen Wohnzwecken oder für Wohnzwecke eines Altenteilers während des Zeitraums der Übergangsregelung führt nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG) zu einer Zwangsentnahme dieser bis dahin dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnenden Wohnung.

2. Das Entnahmeprivileg des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG) erfordert eine auf Dauer angelegte private Nutzung durch den Betriebsinhaber oder den Altenteiler. Die kurzzeitige Nutzung einer Wohnung des (gewillkürten) Betriebsvermögens durch den Altenteiler oder den Betriebsinhaber ist nicht geeignet, den betrieblichen Zusammenhang des Wirtschaftsguts zu lösen und endgültig notwendiges Privatvermögen zu begründen.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG , § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte den bisher von seiner Mutter gepachteten landwirtschaftlichen Betrieb zum 1.11.1994 zu Eigentum erhalten. Die Mutter, die bisher außerhalb der Hofstelle gewohnt hatte, bezog aufgrund eines vorbehaltenen Wohnrechts, das auch die Weitervermietung einschloss, zum 1.12.1994 das vorher fremdvermietete Altenteilerhaus. Im Juli 1995 zog sie aber wieder in ihre frühere Wohnung zurück und vermietete das Altenteilerhaus an Dritte.

Der Kläger gab gegenüber dem FA an, er habe das Altenteilerhaus mit Grund und Boden zum 31.12.1994 steuerfrei entnommen. Die Ausbuchung erfolgte im August 1995.

Das FA ging von einer steuerpflichtigen Entnahme im August 1995 aus. Dem folgte das FG. Es nahm an, das Altenteilerhaus sei erst durch den Bezug der Mutter notwendiges Betriebsvermögen geworden und dann im August 1995 steuerpflichtig, weil nicht zu Wohnzwecken des Altenteilers, entnommen worden.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Der Bezug einer vermieteten Wohnung des Betriebsvermögens durch einen Altenteiler habe nach dem Willen des Gesetzgebers in der Zeit von 1987 bis 1998 zu einer steuerfreien Entnahme führen sollen. Wenn eine dauernde Nutzung durch die Mutter beabsichtigt gewesen sei, habe eine solche Entnahme mit dem Bezug stattgefunden, es sei denn, die Mutter wäre infolge des Wohnrechts selbst wirtschaftliche Eigentümerin des Altenteilerhauses gewesen. Die Ausbuchung sei keine Entnahmehandlung, weil sie nicht in dem Bewusstsein erfolgt sei, die stillen Reserven versteuern zu müssen.

 

Hinweis

1. Der Fall betrifft ein Übergangsproblem im Zusammenhang mit der Umstellung auf die sog. Konsumgutlösung. Betriebsleiter- und Altenteilerwohnung waren bis Ende 1986 notwendiges Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs. Seither gehören sie bei neu eröffneten Betrieben zum Privatvermögen. Für Altbetriebe gab es eine zwölfjährige Übergangsphase, zu deren Ende die Wohnungen mit dem zugehörenden Grund und Boden steuerfrei ins Privatvermögen übergingen (§ 52 Abs. 15 EStG a.F.). In der Zwischenzeit konnte der Landwirt betroffene Objekte freiwillig vor Ablauf der Frist ins Privatvermögen überführen.

Zu einer steuerfreien Entnahme sollte es auch kommen, wenn eine zum 1.1.1987 vermietete Wohnung des Betriebsvermögens später vom Betriebsinhaber oder Altenteiler bezogen wurde. Darum ging es im Besprechungsfall, bei dem allerdings Zweifel bestanden, ob die Mutter des Klägers nicht nur pro forma eingezogen war.

Beachten Sie, dass die steuerfreie Entnahme vermieteter Wohnungen auch heute noch möglich ist (§ 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG).

2. Nicht selten besteht Streit darüber, ob die Voraussetzungen für eine steuerfreie Entnahme vorgelegen haben. Der Landwirt wird das betreffende Grundstück jedenfalls buchmäßig als entnommen behandeln und es aus seinem Anlageverzeichnis löschen. Lagen die Voraussetzungen für eine steuerfreie Entnahme nicht vor, sah die Finanzverwaltung gerne in der Ausbuchung eine Entnahmehandlung, die dann allerdings Steuerfolgen auslöste. Dieser Handhabung ist der BFH hier entgegengetreten. Wer ausbucht, weil er fälschlich von einer steuerfreien Entnahme ausgeht, erklärt damit nicht zugleich, zumindest steuerpflichtig entnehmen zu wollen. Es handelt sich lediglich um einen Buchungsfehler, der rückgängig zu machen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.7.2004, IV R 10/03

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