Im Schrifttum war lange Zeit umstritten, ob die infolge von Straftaten, z. B. Geheimnisverrat von Bankbediensteten, Ankauf von Steuer-CDs durch den Bundesnachrichtendienst oder Finanzbehörden, erlangten Erkenntnisse im Steuerstrafverfahren verwertet werden dürfen oder ob ein Verwertungsverbot besteht. Ein entsprechender Musterprozess ist über das AG bzw. LG Bochum dem BVerfG[1] vorgelegt worden. Dieses hat wie folgt entschieden.

Die auf Daten einer Steuer-CD (mit Hilfe des BND beschafft) gestützte Anordung einer Wohnungsdurchsuchung, ist in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verwendung der Daten berührt nicht den verfassungsrechtlich geschützten absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung, sondern geschäftliche Kontakte mit Kreditinstituten.[2] In der genannten Entscheidung hat der Dreierausschuss des 2. Senats somit ein Verwertungsverbot verneint, was rechtsstaatlich äußerst bedenklich erscheint.

Der Ankauf einer CD mit Steuerdaten stellt keinen qualifizierten materiell-rechtlichen Verstoß dar, der zu einem Beweisverwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führt.[3]

Offen ist jedoch die Behandlung der folgenden Fallgruppe, in der die deutsche Finanzverwaltung zum Ankauf von Daten öffentlich aufruft und aufgrund dieses Aufrufs, der möglicherweise als Straftat zu qualifizieren ist, Daten über deutsche Steuerpflichtige erhält. Ob hier ein Verwertungsverbot besteht, werden die Gerichte in künftigen Entscheidungen zu klären haben.

Beweismittel, die durch andere, auf rechtswidrige Weise verschaffte Beweismittel mittelbar erlangt wurden, dürfen nur im Falle von qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstößen oder bei in strafbarer Weise erlangten Erkenntnismitteln nicht verwertet werden, sog. Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten.

Der Verwertung von Beweis- bzw. Erkenntnismitteln, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde ohne erkennbaren Zusammenhang mit einer zuvor verfahrensfehlerhaft durchgeführten Durchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsräume überlassen hat, steht kein Verwertungsverbot entgegen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Tatnachweis der Steuerhinterziehung kann nicht erbracht werden

Mit dem folgenden typischen Sachverhalt musste sich ein AG[5] beschäftigen, in dem Steuerpflichtige wegen Steuerhinterziehung hinsichtlich von im Ausland angelegtem Schwarzgeld angeklagt wurden. Das angeklagte Ehepaar hatte in den Jahren 2002 bis 2006 Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt und in den Einkommensteuererklärungen Kapital nicht erklärt, welches über eine Stiftung bei der LGT Bank in Liechtenstein angelegt war. Das ursprüngliche Kapitalvermögen i. H. v. knapp 1,9 Mio. DM soll vom Ehemann Anfang 2001 von einem Nummernkonto der LGT überführt worden sein. Die mutmaßlich hinterzogene Steuer belief sich auf ca. 76.100 EUR. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der ermittelnde Finanzbeamte als Zeuge vernommen. Dieser konnte über den Datenträger selbst oder dessen Herkunft keine weiteren Angaben machen. Er wisse auch nur, was in den Zeitungen zu lesen sei. Im Rahmen der folgenden Prüfung seien die jeweiligen Steuerakten der Steuerpflichtigen angesehen worden und Verdachtsprüfungsvermerke gefertigt worden. Im Wesentlichen habe es sich um Stiftungen gehandelt. Je nachdem, ob die Stiftungen in den Steuererklärungen erklärt worden waren oder nicht, seien Strafverfahren eingeleitet worden. Unabhängig von der Frage, ob die auf dem Datenträger vorhandenen Unterlagen verwertbar sind, lässt sich hieraus jedenfalls nach Auffassung des Gerichts der Tatnachweis einer Steuerhinterziehung nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen. Letztlich lässt sich hieraus nämlich allenfalls ein bestimmter Kontostand zu einem bestimmten Zeitpunkt und die Berechtigung der Angeklagten hieran entnehmen. Über den weiteren Verlauf der Anlage oder deren Inhalt ist ebenso wenig bekannt wie über die konkrete Anlagedauer. Es ist nicht auszuschließen, dass die gesamten Gelder in andere Anlageformen, z. B. Immobilien, überführt wurden. Die Angeklagten verfügten ausweislich der Ermittlungsakte nämlich über zahlreiche Immobilien im In- und Ausland. Es lässt sich auch nicht sicher feststellen, welche Fonds ggf. über welchen Zeitraum gehalten wurden und ob hieraus, und ggf. in welcher Höhe, Erträge erzielt wurden. Insgesamt ergeben sich letztlich keine gesicherten Ansatzpunkte über das Anlageverhalten und die Anlagedauer des Angeklagten. Es spricht zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass nicht benötigte Gelder zinsträchtig angelegt werden. Einen dahin gehenden, allgemein gültigen Grundsatz gibt es indes nicht. Letztlich handelt es sich nur um eine naheliegende, indes nicht ausreichende Vermutung der Steuerhinterziehung. Die bestehenden gebliebenen Zweifel gingen zugunsten der Angeklagten. Diese waren aus tatsächlichen Gründen frei zu sprechen.[6]

[1] BVerfG Beschluss v. 9.11.2010. 2 BvR 2101/09, BFH/NV 2011 S. 182 ff.

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