1.5.1 Durchsuchungszeugen

Die Vorschrift des § 105 Abs. 2 StPO verlangt, dass 2 unbeteiligte Durchsuchungszeugen oder ein Gemeindebeamter an der Maßnahme teilnehmen. Zweck dieser Regelung ist weniger, die Beamten an Kompetenzüberschreitungen zu hindern, als vielmehr deren Interesse, durch neutrale Beobachter spätere unberechtigte Vorwürfe widerlegen zu können. Der Beschuldigte kann auf die Durchsuchungszeugen verzichten.

Nimmt ein Richter oder ein Staatsanwalt an der Durchsuchung teil, bedarf es der Durchsuchungszeugen nicht. Das OLG Hamm lässt es genügen, wenn ein Beamter der BuStra-Stelle als "Steuerstaatsanwalt" der Maßnahme beiwohnt; dieser Amtsträger ersetzt nach Meinung des Gerichts die Durchsuchungszeugen auch dann, wenn er nicht die Befähigung zum Richteramt hat.[1]

 
Wichtig

Keine Gleichstellung von Sachbearbeitern der Strafsachenstelle mit Staatsanwälten

Sachgebietsleiter bzw. Sachbearbeiter der Strafsachenstelle üben zwar "finanz- staatsanwaltschaftliche" Befugnisse aus, sie sind jedoch keine Staatsanwälte i. S. d. § 105 Abs. 2 StPO. Es kann den gesetzlichen Zweck, vorsorglich einen unbeteiligten Zeugen zu gewinnen, nicht erfüllen, wenn BuStra-Beamte, die täglich mit den Steuerfahndern zusammenarbeiten und wie diese Teil der Finanzbehörde sind, beigezogen werden. Zur Entkräftigung der späteren Vorwürfe des Beschuldigten, die Steuerfahndungsbeamten hätten sich nicht korrekt verhalten, kann eine Zeugenaussage eines Mitarbeiters der Strafsachenstelle als Teil der Finanzbehörde – wenn auch in der Funktion als Finanzstaatsanwalt – keine Beweisbedeutung haben.[2]

[1] § 105 Abs. 2 StPO,

OLG Hamm, Beschluss v. 23.6.1988, 1 VAs 3/88, NStE Nr. 3 zu § 105 StPO.

[2] Klos, in Achenbach/Wannemacher, Beraterhandbuch zum Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht, § 10 Steuerfahndung, Rdnr. 274.

1.5.2 Zeitpunkt der Durchsuchung

Wohnungsdurchsuchungen dürfen grundsätzlich nur tagsüber erfolgen; will die Steuerfahndung bei Nacht durchsuchen – die Nachtzeit beginnt um 21.00 Uhr und endet vom 1.10. bis 31.3. um 6.00 Uhr, ansonsten um 4.00 Uhr – muss Gefahr im Verzug vorliegen. Jedoch darf eine vor 21.00 Uhr begonnene und noch nicht beendete Durchsuchung in die Nachtzeit fortgesetzt werden. Fahndungspraxis ist ein Durchsuchungsbeginn zwischen 7.00 und 9.00 Uhr.

Die Beschränkungen gelten allerdings nicht für die Durchsuchung von Räumen, die zur Nachtzeit ohnehin jedermann zugänglich sind, z. B. Barbetriebe. Außerdem können Personen und die ihnen gehörenden Sachen auch bei Nacht durchsucht werden, wenn damit keine Hausdurchsuchung (also kein Eingriff in das nach Art. 13 Abs. 1 GG geschützte Wohnungsrecht) verbunden ist.[1]

[1] § 104 Abs. 1 StPO,

Nr. 62 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (AStBV) v. 1.12.2016, BStBl 2016 I S. 1338.

1.5.3 Mitteilung des Durchsuchungszwecks

Obwohl das Gesetz bei Durchsuchungen beim Tatverdächtigen die Bekanntgabe des Durchsuchungszwecks vor der Durchsuchung nicht ausdrücklich vorschreibt, ist auch wegen des Grundsatzes des fairen Verfahrens der Verdächtige über den Tatvorwurf rechtzeitig zu informieren. Deshalb wird dem Betroffenen zu Beginn der Durchsuchung von der Steuerfahndung der richterliche Durchsuchungsbefehl vorgezeigt.[1] Dem Beschuldigten wird die Einleitung des Strafverfahrens bekannt gegeben, er wird sodann über seine Rechte – insbesondere über das Mitwirkungsverweigerungsrecht – belehrt.

Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf bei der Durchsuchung zugegen sein. Ist er abwesend, ist – wenn möglich – sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen. Dieses Anwesenheitsrecht gilt auch dann, wenn der Inhaber gleichzeitig Beschuldigter der Steuerstraftat ist.[2]

[1] § 35 Abs. 2 Satz 2 StPO; § 102 StPO,

Nr. 63 Abs. 1 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (AStBV) v. 1.12.2016 BStBl 2016 I S. 1338.

[2] § 106 Abs. 1 StPO; Klos, Achenbach/Wannemacher, Beraterhandbuch zum Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht, § 10 Steuerfahndung, Rdnr. 281; ferner zu den Verhaltensweisen von Mandant und Berater anlässlich der Durchsuchung s. Schwedhelm, DStR 2014 S. 2, 3 f.

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