FinMin Baden-Württemberg, Erlaß v. 12.12.2016, 2-2550.1-2/7

Die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen an eigenen schutzwürdigen Kulturgütern, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 10g EinkommensteuergesetzEStG), setzt eine Bescheinigung des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart oder des Landesarchivs Baden-Württemberg (Bescheinigungsbehörde) voraus.

 

1 Bescheinigungsverfahren

Die Bescheinigung, die objektbezogen ist, muss die Eigentümerin beziehungsweise der Eigentümer eines Kulturguts im Sinne der Nummer 2 schriftlich beantragen (vergleiche Mustervordruck Anlage 1). Die Bescheinigung hat dem Mustervordruck Anlage 2 zu entsprechen. Eine Zusammenfassung mit anderen Bescheinigungen ist nicht möglich. An eine Vertreterin beziehungsweise einen Vertreter kann eine Bescheinigung nur erteilt werden, wenn eine wirksame Vertretungsbefugnis vorliegt. Bescheinigungsbehörde ist das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart. Sind Archive im Sinne des § 10g Absatz 1 Nummer 4 EStG betroffen, ist Bescheinigungsbehörde das Landesarchiv Baden-Württemberg.

Die Bescheinigungsbehörde hat zu prüfen,

  1. ob die Maßnahmen

    aa) an einem Kulturgut im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 EStG durchgeführt worden sind (vergleiche Nummer 2);
    bb) erforderlich waren (vergleiche Nummer 3);
    cc) in Abstimmung mit der zuständigen Stelle durchgeführt worden sind (vergleiche Nummer 4);
  2. in welcher Höhe Aufwendungen, die die vorstehenden Voraussetzungen erfüllen, angefallen sind (vergleiche Nummer 5);
  3. inwieweit Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch eine für die Denkmalpflege zuständige Behörde oder durch das Landesarchiv Baden-Württemberg gewährt worden sind oder nach Ausstellung der Bescheinigung bewilligt werden (vergleiche Nummer 6).

Die Bescheinigung unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und Finanzgerichte. Es handelt sich hierbei um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheides, an den die Finanzbehörden im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs gebunden sind (§ 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der AbgabenordnungAO). Ist jedoch aus Sicht der Finanzbehörde offensichtlich, dass die Bescheinigung für Maßnahmen erteilt worden ist, bei denen die Voraussetzungen nicht vorliegen, hat die Finanzbehörde ein Remonstrationsrecht, das heißt, sie kann die Bescheinigungsbehörde zur Überprüfung veranlassen sowie um Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung nach Maßgabe von § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) bitten. Die Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, dem Finanzamt von der Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung Mitteilung zu machen (§ 4 der Mitteilungsverordnung).

Die bescheinigten Aufwendungen können steuerrechtlich jedoch nur berücksichtigt werden, wenn auch die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen, die durch die zuständige Finanzbehörde geprüft werden, vorliegen (vergleiche Nummer 7).

Auf das Prüfungsrecht der Finanzbehörden ist in der Bescheinigung zwingend hinzuweisen.

Um der Eigentümerin beziehungsweise dem Eigentümer frühzeitig Klarheit über den Inhalt der zu erwartenden Bescheinigung zu geben, kann die Bescheinigungsbehörde bereits eine schriftliche Zusicherung nach § 38 LVwVfG über die zu erwartende Bescheinigung geben. Eine verbindliche Auskunft über die voraussichtliche Bemessungsgrundlage der Steuervergünstigung kann nur die zuständige Finanzbehörde bei Vorliegen einer schriftlichen Zusicherung der Bescheinigungsbehörde über den zu erwartenden Inhalt der Bescheinigung unter den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft durch die Finanzbehörden geben.

Die schriftliche Zusicherung hat den Hinweis zu enthalten, dass allein die zuständige Finanzbehörde prüft, ob steuerlich begünstigte Aufwendungen für Herstellungs- oder Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 10g EStG oder hiernach nicht begünstigte andere Kosten vorliegen.

Die Zusicherung ist keine Bescheinigung im Sinne des § 10g Absatz 3 EStG. Sie ist nicht zur Vorlage geeignet, um die Steuerbegünstigung in Anspruch zu nehmen.

 

2 Kulturgüter im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 EStG

 

2.1 Prüfungsumfang der Bescheinigungsbehörde

Die zuständige Behörde hat zu bescheinigen, dass

  1. das Gebäude oder der Gebäudeteil gemäß §§ 2 und 12 des Gesetzes zum Schutz der Kulturdenkmale (DSchG) als Kulturdenkmal (Einzeldenkmal, Teil einer Sachgesamtheit) dem Denkmalschutz unterliegt oder gemäß § 19 DSchG Bestandteil einer geschützten Gesamtanlage ist;
  2. die gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlage, die kein Gebäude oder Gebäudeteil ist, als Kulturdenkmal gemäß §§ 2 und 12 DSchG dem Denkmalschutz unterliegt oder gemäß § 19 DSchG Bestandteil einer geschützten Gesamtanlage ist;
  3. Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken oder Archive

    aa) sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie der oder des Steuerpf...

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