Leitsatz

Leistet ein Arbeitgeber einem (früheren) Arbeitnehmer wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine einmalige Abfindung und zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit monatliche Ausgleichszahlungen, so sind diese Leistungen insgesamt auch dann im Jahr ihrer Zahlung tarifbegünstigt zu besteuern, wenn die Ausgleichszahlungen in einem späteren Veranlagungszeitraum fortgeführt werden.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG , § 34 EStG.

 

Sachverhalt

Der Arbeitgeber, bei dem der Kläger seit vielen Jahren beschäftigt war, sah sich zum Personalabbau gezwungen; er traf mit dem Betriebsrat eine Regelungsabrede, nach der es den Beschäftigten erleichtert werden sollte, freiwillig das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die Regelung sah eine einmalige, nach Lebensalter und Dienstzugehörigkeit bemessene Abfindung vor, sowie zusätzlich für solche Mitarbeiter, die arbeitslos würden, monatliche Ausgleichszahlungen (bis zu 12 Monaten) in Höhe der Differenz zwischen 85 % der bisherigen Nettobezüge und dem von der Arbeitsverwaltung gezahlten Arbeitslosengeld.

Der Kläger, dessen Arbeitsvertrag einvernehmlich zum 30.6.1993 aufgehoben wurde, erhielt danach im Streitjahr 1993 eine Abfindung von 318 300 DM und Zuschüsse zum Arbeitslosengeld von insgesamt 32 708 DM, darüber hinaus eine Jubiläumsgabe von 27 335 DM. Im Jahr 1994 erhielt er bis Juni monatliche Ausgleichszahlungen von jeweils 5 451 DM.

Das FA unterwarf die Abfindung und die 1993 erhaltenen Zuzahlungen dem normalen Einkommensteuertarif. Die Jubiläumsgabe wurde nicht nach § 34 Abs. 3 EStG tarifermäßigt besteuert, weil dabei eine höhere steuerliche Belastung entstanden wäre.

Das FG wies die Klage, mit der der Kläger die ermäßigte Besteuerung der Abfindung und der Jubiläumsabgabe begehrte, ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache an dieses zurück. Die Abfindung und die 1993 erhaltenen Zusatzleistungen seien begünstigt zu besteuern. Unschädlich sei, dass auch im Jahr 1994 weitere ergänzende Zusatzleistungen gezahlt worden seien. Das FG müsse jedoch noch prüfen, ob und wieweit die Jubiläumsgabe als Teil der Entschädigung anzusehen sei.

 

Hinweis

1. Nach der neuen Rechtsprechung des BFH gehören – neben Leistungen zur Erleichterung des Arbeitsplatz- oder Berufswechsels – vor allem Zahlungen zur Anpassung an eine dauerhafte Berufsaufgabe und Arbeitslosigkeit zu den sozial motivierten Zusatzleistungen, die unschädlich sind für die Tarifbegünstigung einer Entlassungsentschädigung. Um solche handelt es sich im Streitfall.

Diese monatliche Zusatzzahlungen werden regelmäßig zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat für ältere Arbeitnehmer, die nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos werden und möglicherweise bis zum Eintritt ins Rentenalter bleiben, in Sozialplänen vereinbart.

Der BFH betont deshalb, dass solche Sozialpläne und Regelungsabreden eine auf Fürsorgeüberlegungen basierende Überleitungs- und Vorsorgefunktion haben. Dasselbe gilt für vergleichbare Vereinbarungen des Arbeitgebers mit den grundsätzlich nicht von Sozialplänen erfassten leitenden Angestellten.

2. Der BFH weist auch in diesem Fall wieder auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Entschädigung hin. Teil der einheitlichen Entlassungsentschädigung kann danach auch die Zahlung einer Jubiläumsgabe sein, wenn und soweit der entlassene Arbeitnehmer darauf zum Zeitpunkt seines Ausscheidens noch keinen Rechtsanspruch gehabt hat. Dies hatte das FG nicht geprüft.

3. Beachten Sie: Tarifbegünstigt sind nur die im Streitjahr 1993 gezahlten Entschädigungsleistungen (Einmalabfindung, monatliche Zusatzzahlungen und evtl. Jubiläumsgabe). Die im Folgejahr 1994 (weiter-)gezahlten monatlichen Zuschüsse sind regulär zu versteuern. Der Leitsatz könnte insoweit falsch verstanden werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.1.2002, XI R 43/99

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