Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH[1] ging es um die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL bzw. um die Abgrenzung zwischen diesen Befreiungsvorschriften.

Der Kläger, ein Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, führte in den Streitjahren (2009 - 2012) ab dem 1.10.2009 ausschließlich Umsätze an eine X-GmbH, ein Laborunternehmen, aus. Die X-GmbH erbrachte Laborleistungen an niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Der Kläger erbrachte gegenüber der X-GmbH entgeltliche Leistungen der Befunderhebung mit dem Ziel konkreter laborärztlicher Diagnosen sowie ärztliche Hilfestellungen bei transfusionsmedizinischen Maßnahmen für konkrete Behandlungsverhältnisse, die sich als Bestandteile von Gesamtverfahren darstellten, die konkreten Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienten. Soweit er im Übrigen der X-GmbH organisatorisches Wissen zur Verfügung stellte, die Optimierung von labororganisatorischen Abläufen unterstützte und bei Bedarf in einer Transfusionskommission mitarbeitete, hat das FG dies dahingehend gewürdigt, dass solche Leistungen als Nebenleistungen dem Zweck dienten, dass die X-GmbH die Hauptleistungen des Klägers unter optimalen Bedingungen hat in Anspruch nehmen können. Der Kläger ging davon aus, dass seine Umsätze gegenüber der X-GmbH als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfrei seien, und gab folglich für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärungen ab. Das Finanzamt behandelte die betreffenden Umsätze dagegen als steuerpflichtig. Leistungen von klinischen Chemikern und Laborärzten beruhten nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten, das aber Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sei.

Vor diesem Hintergrund fragte der BFH den EuGH, ob sich die Steuerfreiheit von Heilbehandlungen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik im Bereich der Humanmedizin unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL oder nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL beurteilt. Weiter will der BFH wissen, ob die die Anwendbarkeit von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (falls diese Bestimmung anwendbar ist) ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt und der behandelten Person voraussetzt.

Der BFH ging davon aus, dass die Leistungen des Klägers den Tatbestand der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL erfüllen. Es handele sich um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt wurden. Fraglich ist für den BFH aber, ob bei medizinischen Analysen wie im Streitfall die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL deshalb (von vornherein) nicht anwendbar ist, weil sie durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL verdrängt wird.

Der Gesetzgeber habe sich bei der Neufassung des § 4 Nr. 14 UStG (zum 1.1.2009) davon leiten lassen, dass Kriterium für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der beiden Befreiungstatbestände in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL weniger die Art der Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung ist. Der EuGH habe festgestellt, dass solche Leistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL von der Mehrwertsteuer zu befreien sind, die aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung wie der des Schutzes der menschlichen Gesundheit bestehen, während Buchstabe c auf Leistungen anwendbar ist, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z.B. in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden.[2]

Der BFH hielt es für klärungsbedürftig, ob es sich hierbei um eine zutreffende Interpretation der EuGH-Rechtsprechung durch den nationalen Gesetzgeber handelt, dass bei medizinischen Analysen die Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ausgeschlossen ist und dementsprechend medizinische Analysen, die von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden praktischen Arztes durchgeführt werden, nur nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, nicht aber auch nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL steuerfrei sind.[3]

Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL hatte der EuGH[4] entschieden, dass bei medizinischen Analysen, die von - in privatrechtlicher Form organisierten - Laboren außerhalb der Praxisräume des praktischen Arztes durchgeführt werden, der sie angeordnet hat, zu prüfen ist, ob die Analysen unter Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6....

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