Ursprünglich ist Scrum und generell agiles Vorgehen für einzelne Projekte entwickelt worden. Bei großen Projekten sind bereits mehrere agile Teams erforderlich, die untereinander koordiniert werden müssen. Mehrere (große) Projekte parallel erfordern eine Taktung und Synchronisation, die mit klassischen Scrum-Elementen und -Rollen nicht mehr abgedeckt werden können. Spätestens wenn externe Partner, also Kooperationspartner und Lieferanten, eingebunden werden müssen und damit der Wertstrom über die Unternehmensgrenzen hinausgeht, ist der Einsatz von Skalierungs-Frameworks sinnvoll. Es gibt verschiedene solcher Frameworks wie LeSS (Large Scale Scrum), Scrum of Scrums, Nexus etc. Das bei Weitem verbreitetste agile Skalierungs-Framework ist SAFe (Scaled Agile Framework).[1] Bereits das Übersichtsbild über das SAFe-Framework zeigt die Mächtigkeit und den Umfang, der auf Scrum basiert, aber weit über die Elemente von Scrum hinausgeht (s. Abb. 3). SAFe nutzt diverse agile Methoden, aber auch Elemente des Lean Managements, um Agilität auf Unternehmensebene zu skalieren.

Abb. 3: Das Scaled Agile Framework (SAFe)

In diesem Framework werden zunächst die o. g. Anforderungen der Koordination, Synchronisation und Taktung der verschiedenen Teams, die an verschiedenen Projekten arbeiten, erfüllt. Dabei werden die Teams, die an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, zu einem Agile Release Train (ART) zusammengefasst. Um einen ART arbeitsfähig zu halten, sollen insgesamt nicht mehr als 125 Personen, aufgeteilt auf agile Teams, in einem ART zusammenarbeiten. Diese Zahl geht auf die Dunbar Number zurück, also die Anzahl der Personen, von denen jemand die Namen und wesentliche soziale Informationen kennen kann.[2] Mehrere ARTs, die an einem gemeinsamen großen Aufgabenkomplex arbeiten, bilden einen Solution Train. Auf diese Weise können riesige Entwicklungsvorhaben durchgeführt werden. Große Unternehmen aus Automotive, Luftfahrt haben teilweise Hunderte agile Teams, teilweise sogar Hunderte ARTs und Dutzende Solution Trains.

Zusätzlich zu diesem operativen Ansatz der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen bietet SAFe eine zusätzliche Ebene des strategischen agilen Portfoliomanagements. In diesem werden die strategischen Initiativen aus der Strategie abgeleitet und systematisch in Epics, also große agile Aufgabenpakete umgesetzt. Diese werden dann mit agilen Methoden wie dem Lean Startup Cycle über die Erstellung eines Minimum Viable Products (MVP) und die laufende Beurteilung der Priorisierung der einzelnen Aufgaben in die operative Umsetzung eingespeist. In Abb. 4 sind die wesentlichen Phasen dieses SAFe Lean Portfolio Managements dargestellt sowie die dazu primär vorgeschlagenen Methoden.[3]

Abb. 4: Phasen und Methoden des SAFe Lean Portfolio Managements

Auf diese Weise umfasst das Scaled Agile Framework den gesamten agilen Bereich des Unternehmens wie z. B. die Entwicklung, aber ggf. auch Marketing, Personal, Finance etc. und bietet Schnittstellen zu den stabilen, also nicht-agilen Prozessen des Unternehmens. Daraus entwickelt sich dann die Agilität des gesamten Unternehmens. Das Unternehmen als Ganzes muss sich in seinem dynamischen Markt auch agil verhalten und auf die komplexen Veränderungen des Umfelds reagieren. Diese Einflüsse aus dem Umfeld können vielfältig sein und parallel auf das Unternehmen einströmen.

[1] Vgl. SAFE, 2022.
[2] Unter der Dunbar-Zahl (englisch Dunbar’s number) versteht man die theoretische "kognitive Grenze" der Anzahl an Menschen, mit denen eine Einzelperson soziale Beziehungen unterhalten kann. Das Konzept wurde vom Psychologen Robin Dunbar entwickelt.
[3] SAFe bedient sich diverser Methoden verschiedener Autoren. Der Lean Startup-Cycle ist ein zentrales Element des SAFe Portfolio-Managements. Es geht auf Ries (2014) zurück.

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