Wesentlich für den erfolgreichen Einsatz von Simulationen ist das zugrunde gelegte Ursachen-Wirkungsmodell. Die innerhalb und außerhalb des Unternehmens geltenden Ursache-Wirkungsbeziehungen sind daher zunächst einer sorgfältigen Analyse zu unterziehen. Eine besondere Schwierigkeit stellt dabei die Komplexität der Ursache-Wirkungsbeziehungen dar. In den unschwer erkennbaren Vernetzungen, Verkettungen und Rückkopplungen einzelner Phänomene können Veränderungen nur noch in Ausnahmefällen auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden. Die meisten Veränderungen basieren dagegen auf multikausalen Zusammenhängen. Beispielhaft hierfür sei das Phänomen „Arbeitslosigkeit” genannt. Seine vielfältigen Vernetzungen, Verkettungen und Rückkopplungen sowie seine Auswirkungen auf andere Bereiche können vereinfacht wie folgt dargestellt werden (vgl. auch Abb. 1):

Abb. 1:  Ursachen-Wirkungs-Vernetzung

Direkte Wirkungskette: Arbeitslosigkeit – sinkende Kaufkraft – Veränderung im Einkaufsverhalten – rückläufige Umsätze – Druck auf die Erträge.

Rückkopplungen: Druck auf die Erträge – Notwendigkeit zur betrieblichen Restrukturierung – Arbeitskräftefreisetzung – steigende Arbeitslosigkeit.

Vernetzung: Steigende Arbeitslosigkeit – Zunahme von Zukunftsängsten in der Bevölkerung – Veränderung der Nachfrage (z. B. durch steigendes Sicherheitsbedürfnis und damit verbundene stärkere Sparneigung) – rückläufige Umsätze durch Verhaltensänderung auch derjenigen Bevölkerungsteile, die (zunächst) noch nicht direkt von der Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Ähnlich der hier (bewusst nur sehr grob und vereinfacht) dargestellten Ursachen-Wirkungsvernetzungen sind vor einer Simulation individuelle Vernetzungsdiagramme zu erstellen, welche die Beziehungen zwischen Markt (Kunden), Wettbewerb, Umfeld etc. abbilden. Die Umfeldbeziehungen können dabei tendenziell grobrastiger angelegt sein, als dies bei den Bereichen mit direkten Auswirkungen auf das Ergebnis bzw. die Erfolgsfaktoren des Unternehmens der Fall sein sollte. Hier sind entsprechend verfeinerte Darstellungen erforderlich. Damit wird bereits deutlich, dass i. d. R. nicht nur eines, sondern mehrere Vernetzungsdiagramme erstellt werden müssen, die unterschiedliche Einflussbereiche abdecken.

Zielsetzung von Vernetzungsdiagrammen

Ziel solcher Vernetzungsdiagramme ist es einerseits, möglichst nahe an die tatsächlichen Ursachen einzelner Entwicklungen/Veränderungen heranzukommen. Die dargestellten Verkettungen, Vernetzungen und Rückkopplungen machen dabei deutlich, dass immer auch nach den Ursachen der Ursachen gefragt werden muss. Andererseits zwingt die Ausarbeitung die Beteiligten aber auch dazu, sich grundsätzlich mit den vielfältigen Beziehungen, in die ein Unternehmen heute eingebunden ist, vertraut zu machen: Die logische Entwicklung detaillierter Vernetzungsdiagramme führt nicht selten zu einer völlig neuen Sichtweise des angestammten Geschäfts und unterstützt in diesem Sinne auch die „lernende Organisation”.

Bei der Analyse der Ursachen-Wirkungszusammenhänge sind außerdem Abschätzungen über die Stärke, in der die einzelnen Bereiche aufeinander reagieren, zu treffen. Ein Parameter einer Kausalkette oder eines Kausalnetzes kann entweder abschwächend, neutral oder verstärkend wirken. Zum Teil können Aussagen hierüber auch auf Basis von Analysen bisheriger Veränderungen in den betreffenden Parametern gemacht werden. Trotz der zunächst anzunehmenden höheren Genauigkeit darf aber nicht übersehen werden, dass entsprechende Analysen vergangenheitsbezogen sind und im Detail nur für den damals gültigen, der Untersuchung zugrunde gelegten Einzelfall zutreffen. Gleichzeitig muss aber auch vor der Gefahr von „Ausreißern” gewarnt werden: Wird nur ein entsprechender Zusammenhang analysiert, ist nicht erkennbar, ob es sich dabei um eine atypische Reaktion handelt. Daher sollten mehrere gleiche oder ähnliche Sachverhalte analysiert werden, um eine durchschnittliche Reaktionsstärke zu ermitteln. Trotz der gemachten Einschränkungen geben entsprechende Analysen aber einen guten Einblick in die Zusammenhänge der einzelnen Parameter und lassen damit die Relationen zumindest in ihren Grundzügen erkennen.

Neben der Stärke der Auswirkungen/Rückkopplungen ermittelter Kausalketten und -netze sind aber auch die zeitlichen Verzögerungen („time-lags”), mit denen andere Einflussgrößen tangiert werden, zu berücksichtigen. Jede Stufe einer/s Ursachen-Wirkungskette bzw. -netzes hat nämlich i. d. R. eine gewisse „Pufferfunktion”. Beispielhaft hierfür kann das so genannte „Robertson-Lag”, das den Verzögerungszusammenhang zwischen Konsum und Einkommen beschreibt, genannt werden.

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