Eine wirksame Selbstanzeige scheidet des Weiteren dann aus, wenn die Tat im Zeitpunkt der Anzeigenerstattung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.[1]

Der Tatbegriff ist m. E. in diesem Zusammenhang rein materiell-rechtlich zu verstehen, also i. S. v. menschlichem Tun, das der Vergangenheit angehört. Wenn danach etwa eine einzige Einkommensteuererklärung hinsichtlich zweier Einkunftsarten lückenhaft ist, hindert die Entdeckung eines Einkunftskomplexes die wirksame Selbstanzeige bezogen auf die andere Einkunftsart.

Bei der Frage, wann eine Tat als "entdeckt" gilt, hat sich die Auffassung, die Tatentdeckung bilde die Vorstufe des Tatverdachts, nicht durchgesetzt. Die Rechtsprechung[2] sieht die Situation genau umgekehrt, d. h. unter Tatentdeckung wird ein Mehr im Verhältnis zum Verdacht gesehen. Danach erfordert die Tatentdeckung bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit einer Steuerhinterziehung. Als Folge wird man erst sehr spät eine Tatentdeckung annehmen können.

Tatverdacht, aufgenommene Ermittlungen und bevorstehende Entdeckungen reichen regelmäßig nicht aus, um von einer Entdeckung der Steuerhinterziehung auszugehen.

 
Praxis-Beispiel

Bloße Kenntnis von Geldtransfers genügt nicht

Beim Steuerpflichtigen X wird ein Luxemburg-Transfer festgestellt.

Dies allein bewirkt noch keine Tatentdeckung.

Gleiches gilt für entsprechende Kontrollmitteilungen. Deren Erstellung sagt über die Tatentdeckung nichts aus. Auch der Eingang beim zuständigen Finanzamt trägt zwar zur Tatentdeckung bei, bewirkt diese aber noch nicht. Erst wenn festgestellt wird, dass der mitgeteilte Sachverhalt steuerlich nicht oder nicht vollständig deklariert und erfasst worden ist, ist von der Tatentdeckung auszugehen.

Was den in § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO enthaltenen Passus des Rechnenmüssens mit der Tatentdeckung auf Seiten des Täters anbelangt, muss man diesen wohl so lesen, dass der Täter "bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Sachlage" mit der Aufdeckung seiner Tat rechnen muss.

[2] BGH, Urteil v. 27.4.1988, 3 StR 55/88, wistra 1988 S. 308 m. w. N.

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