Rz. 7

§ 3 Abs. 13 UStG enthält die Legaldefinition des Gutscheins für die Zwecke der Umsatzsteuer, die von den nachfolgenden Absätzen 14 und 15 als Tatbestandsmerkmale vorausgesetzt wird. Neben der Definition des Gutscheins enthält die Vorschrift keine unmittelbare Rechtsfolge. Sie ergänzt damit die zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führenden Regelungen der beiden nachfolgenden Absätze über Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine.

 

Rz. 8

Die Gesetzgebung zielt insbesondere auf die entgeltliche Ausgabe und den gewerblichen Vertrieb von Gutscheinen ab. Für Verkäufer ergibt sich je nach Ausgestaltung des Gutscheins eine Vorfinanzierung, da vereinnahmte Gelder nicht sofort und in einigen Fällen nie einer konkreten Leistung gegenüberstehen. Vor allem angesichts der nicht unerheblichen Verfallsquoten von Gutscheinen ergeben sich Wertzuwächse für die betroffenen Unternehmen, denen keine sonst durch das reguläre Geschäft verursachten Kosten (beispielsweise Wareneinsatz) gegenüberstehen.

 

Rz. 9

Für die Umsatzsteuer stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, in welchem Zeitpunkt die Besteuerung entsteht. In Betracht kommen der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins oder der Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung bei Einlösung des Gutscheins. Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung (siehe dazu Rz. 32) war hinsichtlich der Art des Gutscheins zu differenzieren. Werden Gutscheine ausgegeben, die nicht zum Bezug hinreichend bezeichneter Leistungen berechtigen, handelt es sich lediglich um den nicht steuerbaren Umtausch eines Zahlungsmittels. Erst bei Einlösung des Gutscheins unterliegt die Leistung der Umsatzsteuer. Liegt dagegen ein sogenannter Warengutschein vor, unterliegt bereits der gezahlte Betrag als Anzahlung der Umsatzsteuer.[1]

[1] Abschn. 17.2 UStAE in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung; OFD Karlsruhe v. 25.8.2011, S 7270/3.

2.1 Übersicht zu den Gutscheinarten

 

Rz. 10

Die in § 3 Abs. 13 UStG enthaltene Legaldefinition des Gutscheins ist der Oberbegriff für Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine. Nach dieser Definition handelt es sich um einen Gutschein, wenn der Inhaber berechtigt ist, diesen an Zahlungs statt gegen Gegenstände oder Dienstleistungen zu verwenden.

 

Rz. 11

Die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen des Gutscheins hängen von der Unterscheidung in Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine ab. Beim Einzweck-Gutschein wird eine umsatzsteuerbare Lieferung oder sonstige Leistung bereits mit dessen Übertragung fingiert. Dagegen liegt der Besteuerungszeitpunkt beim Mehrzweck-Gutschein erst bei deren Einlösung und damit später als beim Einzweck-Gutschein. Der Mehrzweck-Gutschein verursacht deshalb keine Vorfinanzierungslasten.

 

Rz. 12

Ein Einzweck-Gutschein ist nach § 3 Abs. 14 UStG ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die nötig werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrunde liegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Dies erfordert Eindeutigkeit hinsichtlich des Ortes der versprochenen Leistung sowie des geschuldeten Steuerbetrags. Liegen diese Voraussetzungen vor, verlangt das Gesetz die im Gutschein ausgewiesene Leistung auf den Zeitpunkt der „Übertragung" des Gutscheins vor und fingiert einen steuerbaren Vorgang in Form der im Gutschein ausgewiesenen Lieferung oder sonstige Leistung. Die nachfolgende tatsächliche Leistungserbringung ist dann umsatzsteuerlich gegenstandslos. Zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 3 Abs. 14 UStG.

 

Rz. 13

Ein Mehrzweck-Gutschein ist nach § 3 Abs. 15 UStG ein Gutschein, der kein Einzweck-Gutschein ist. Das sind solche Gutscheine, die nicht die Informationen enthalten, die eine zuverlässige Bestimmung der Umsatzsteuer ermöglichen. Insofern kommt dem Mehrzweck-Gutschein eine Auffangfunktion zu. Bei diesem Gutschein erfolgt keine Leistungsfiktion, sodass seine Übertragung nicht steuerbar ist. Erst die tatsächliche Ausführung der Lieferung bzw. der sonstigen Leistung unterliegt der Umsatzsteuer. Damit wird die Besteuerung erst bei Einlösung des Mehrzweck-Gutscheins und nicht schon bei dessen Ausgabe durchgeführt. Zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 3 Abs. 15 UStG.

2.2 Tatbestandsvoraussetzungen des Gutscheins

 

Rz. 14

Die in § 3 Abs. 13 UStG geregelten Tatbestandsmerkmale des Gutscheins sind für beide Gutscheinarten identisch und werden dort jeweils als indirekte Tatbestandsmerkmale bei der Prüfung des Einzweck-Gutscheins bzw. des Mehrzweck-Gutscheins vorausgesetzt. Nach der gesetzlichen Definition von § 3 Abs. 13 S. 1 UStG ist ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ein Instrument, bei dem

  1. die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
  2. der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.

Gutscheine i. S. d. § 3 Abs. 13 UStG sind damit solche Instrumente, die vom Berechtigten ganz oder teilweise anstelle ...

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