1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift steht in unmittelbarem systematischen Zusammenhang zu § 3 Abs. 13 und 15 UStG. Sie enthält in S. 1 die Legaldefinition des Einzweck-Gutscheins, die die Tatbestandsmerkmale des Gutscheins nach § 3 Abs. 13 UStG voraussetzt und durch weitere Tatbestandsmerkmale in Abgrenzung zum Mehrzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 15 UStG ergänzt. Auf dieser Definition aufbauend, enthalten die Sätze 2 bis 5 die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen des Einzweck-Gutscheins.

 

Rz. 2

Zusammen mit den weiteren Regelungen zu Gutscheinen in § 3 Abs. 13 bis 15 UStG gilt die Vorschrift nach § 27 Abs. 23 UStG für alle Gutscheine, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt worden sind (vgl. § 3 Abs. 13 Rz. 31). Sie setzt die europarechtlichen Vorgaben der sog. Gutschein-Richtlinie um (vgl. § 3 Abs. 13 UStG Rz. 3f.). Zu den umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen von bis zum 31.12.2018 ausgestellten Gutscheinen siehe § 3 Abs. 13 UStG Rz. 32. Die von der Finanzverwaltung dazu vertretene Ansicht ist in Abschn. 3.17 UStAE enthalten (siehe Kommentierung von § 3 Abs. 13 UStG Rz. 3.

 

Rz. 3

Die Vorschrift basiert auf den Regelungen der sog. Gutschein-Richtlinie, die Art. 30a Nr. 2 in die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie eingefügt hat.[1] Danach ist „Einzweck-Gutschein“ ein Gutschein, bei dem der Ort der Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Gegenstände oder Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. Die in § 3 Abs. 14 UStG enthaltene Regelung stimmt damit überein.

[1] Richtlinie (EU) 2016/1065 v. 27.6.2016.

2 Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 4

Liegt ein Gutschein nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 13 UStG vor, ist die Abgrenzung zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen relevant. Danach bestimmt sich, ob die mit dem Gutschein verkörperte Lieferung oder sonstige Leistung entweder auf den Zeitpunkt der Übertragung vorverlagert wird oder erst bei tatsächlicher Leistung erfolgt. Jeder Gutschein nach § 3 Abs. 13 UStG ist entweder ein Einzweck- oder ein Mehrzweck-Gutschein.

 

Rz. 5

Die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen des Einzelgutscheins, die sich sowohl auf Lieferungen als auch auf sonstige Leistungen beziehen, sind in § 3 Abs. 14 S. 2 bis 5 UStG enthalten. Dabei enthalten die Sätze 2 bis 4 jeweils Fiktionen der Leistungserbringung in einem vor der tatsächlichen Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung liegenden Zeitpunkt. Zur Vermeidung einer mehrfachen Besteuerung enthält § 3 Abs. 14 S. 5 UStG die systematisch erforderliche Regelung, dass in den Fällen der vorverlagerten Umsatzbesteuerung durch Einzweck-Gutscheine in den Fällen der Sätze 2 bis 4 kein unabhängiger Umsatz bei der tatsächlichen Erbringung der Leistung vorliegt.

 

Rz. 6

Anders als bei Mehrzweck-Gutscheinen werden für Einzweck-Gutscheine die Zeitpunkte der mit dem Gutschein verkörperten Lieferung oder sonstigen Leistung zeitlich vorverlagert. Sind die Voraussetzungen von § 3 Abs. 14 S. 2 bis 4 UStG erfüllt, fingiert die Vorschrift ("gilt") die Lieferung oder sonstige Leistung als bei der Übertragung des Gutscheins durch den Unternehmer an den Empfänger erfolgt.

2.1 Fiktion der vorverlagerten Leistung

 

Rz. 7

Bei der Vorverlagerung des Leistungszeitpunkts unterscheidet das Gesetz drei unterschiedliche Sachverhalte. Dabei ist entscheidend, ob der den Gutschein ausstellende Unternehmer die darin verbriefte Leistung selbst an den Empfänger erbringt (S. 2) oder durch einen anderen Unternehmer erbringen lässt (Sätze 3 und 4). Im letzten Fall ist weiter zwischen den Fällen zu unterscheiden, bei denen der Aussteller des Gutscheins offen im Namen des leistenden Unternehmers (S. 3) oder verdeckt für einen anderen Unternehmer auftritt und im eigenen Namen handelt (S. 4).

2.1.1 Übertragung durch einen Unternehmer im eigenen Namen (S. 2)

 

Rz. 8

Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins nach § 3 Abs. 14 S. 2 UStG als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht.

 

Rz. 9

Die Übertragung des Einzweck-Gutscheins setzt damit einen Unternehmer nach § 2 UStG als Übertragenden voraus, was nicht nur regelbesteuerte Vollunternehmer erfasst, sondern z. B. auch unter § 19 UStG fallende Kleinunternehmer. Da der Einzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 14 S. 1 UStG jedoch u. a. eine durch die mit ihm verkörperte Leistung ausgelöste und bereits feststehende Umsatzsteuer voraussetzt (s. Rz. 32ff.), kommen Einzweck-Gutscheine nur dann infrage, wenn die verkörperte Lieferung oder sonstige Leistung zur Entstehung von Umsatzsteuer führt. Deshalb wird die Regelung für unter § 19 UStG fallende Unternehmer kaum Bedeutung haben, könnte aber z. B. Fälle des § 14c UStG erfassen.

 

Rz. 10

Ausländische Unternehmer erbringen mit der Übertragung eines Einzweck-Gutscheins, der sich auf die Lieferung des im Gutschein genannten Gegenstandes im Inland bezieht, eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen, für die sie regelmäßig Steuerschuldner sind. Dadurch können sich Registrierungspflichten im...

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