Rz. 138

Wertpapiere sind Urkunden, an die ein Vermögensrecht dergestalt geknüpft ist, wobei die Geltendmachung des Rechts von der Verfügungsgewalt über die Urkunde abhängt. Dieser umfassende zivilrechtliche Begriff des Wertpapiers wurde für das Umsatzsteuerrecht nur eingeschränkt übernommen, weil das gesetzgeberische Motiv des § 4 Nr. 8 UStG, mit der Befreiung der Wertpapierumsätze Doppelbesteuerungen nach dem inzwischen aufgehobenen Kapitalverkehrssteuergesetz (KVStG) auszuschließen, nur für die dort erfassten Sachverhalte zutraf.[1] Der Inhalt der Steuerbefreiung wurde durch die Aufhebung des KVStG nicht berührt. Karten (sog. Grantoncards), die dem Besitzer Anspruch auf einen Preisnachlass bei Bestellungen bei oder in den auf der betreffenden Karte genannten Betrieben wie Restaurants, Kinos, Hotels, Saunen etc verschaffen, erfüllen den Wertpapierbegriff nicht. Vielmehr handelt es sich um unvollkommene Inhaberpapiere i. S. v. § 807 BGB, die ähnliche Funktionen erfüllen wie z. B. Fahrkarten von Verkehrsunternehmen, Eintrittskarten (Theater, Konzerte, Badeanstalten etc.), Quittungsscheine, Gutscheine (z. B. Benzingutscheine oder andere Warengutscheine).

 

Rz. 139

Demnach fallen unter die Befreiung als Umsätze von Schuldverschreibungen die Veräußerung von Pfandbriefen, Kommunalobligationen und anderen verzinslichen Inhaberschuldverschreibungen sowie von durch Indossament übertragenen Obligationen; als Umsätze von Dividendenwerten sind die Veräußerung von Aktien, Kuxen und anderen Anteilen an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften begünstigt. Zu den Wertpapieren beider Gruppen gehören ihre Annexe und Substitute wie Zins- und Gewinnanteilscheine sowie Interimsscheine. Die Übertragung von Aktien ist stets als sonstige Leistung zu verstehen.[2]

 

Rz. 140

Die Steuerbefreiung gilt auch für die mit dem Entgelt vereinnahmten Auslagenerstattungen, Gebühren, Provisionen und Zinsen sowie den Aufschlag bei der Ausgabe von Anteilsscheinen.

 

Rz. 141

Nach dem EuGH-Urteil v. 13.12.2001[3] ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL dahin auszulegen, dass der Ausdruck "Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", Umsätze betrifft, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Dies gilt jedoch nicht für alle Transaktionen mit Wertpapieren. Nachdem der EuGH bereits mit Urteil v. 26.6.2003[4] entschieden hatte, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt und deshalb keinen steuerbaren und damit nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerbefreiten Umsatz erbringe[5], hat der EuGH mit Urteil v. 26.5.2005[6] entschieden, dass die Ausgabe neuer Aktien keinen in den Anwendungsbereich der MwStSystRL fallenden Umsatz darstellt. Solche Aktienneuemissionen sind somit auch nicht mehr nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei.[7]

 

Rz. 142

Erhält ein Vermögensverwalter von einer Bank Provisionen für den An- und Verkauf von Wertpapieren im Namen und für Rechnung seines Mandanten, so führt er an die Bank steuerfreie Wertpapierumsätze aus. Eine (unselbstständige) Nebenleistung kommt nur in Betracht, wenn sie gegenüber derselben Person wie die Hauptleistung erbracht wird.[8] Bei der Vermögensverwaltung (Portfolioverwaltung) nimmt eine Bank einerseits die Vermögensverwaltung und andererseits Transaktionen vor. Bei der Verwaltung fremden Vermögens, die zwar entsprechend hierzu vereinbarter allgemeiner Anlagerichtlinien oder -strategien, jedoch im eigenen Ermessen und ohne vorherige Einholung von Einzelfallweisungen des Kunden erfolgt (Portfolioverwaltung), handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung der Vermögensverwaltung, die auch die in diesem Rahmen erforderlichen Transaktionsleistungen bei Wertpapieren beinhaltet.[9] Eine Aufspaltung dieser wirtschaftlich einheitlichen Leistung ist nicht möglich.[10] Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG kommt nicht in Betracht, weil die Vermögensverwaltung (Portfolioverwaltung) nicht zu den nach den genannten Vorschriften begünstigten Umsätzen gehört.

 

Rz. 143

Problematisch i. S. d. Wertpapierbegriffs könnten urkundenlose Werte wie GmbH-Anteile und die als Dividendenwerte erfassten Kommanditanteile an einer GmbH & Co. KG sein. Die Verwaltung behandelt GmbH-Anteile sowie Anteile an einer GmbH & Co. KG als Wertpapiere.[11] Bei den GmbH-Anteilen und Anteilen an einer GmbH & Co. KG und anderen vergleichbaren Gesellschafts- oder Vereinigungsanteilen kann auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG in Betracht kommen.[12]

 

Rz. 144

Meldungen von Wertpapiergeschäften über ein Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut nach § 9 WpHG sind nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umsatzsteuerfrei. Sie sind auch nicht als Nebenleistungen zu qualifizieren.[13]

 

Rz. 145

Zu den nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfreien Umsätzen gehört die Veräußerung von Bezugsrechten, die den Aktionären aus Kapitalerhöhungen nach § 186 AktG ...

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