Rz. 51

Mit Urteil v. 17.2.2005[1] hatte der EuGH entschieden, dass sich private Glücksspielbetreiber entgegen der nationalen Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG, die insoweit eine Steuerbefreiung nur für Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken gewährt, unmittelbar auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie[2] berufen können. Der BFH hatte sich in seiner Nachfolgeentscheidung v. 12.5.2005 der Auffassung des EuGH angeschlossen.[3] Infolge dieser Rechtsprechung waren durch Gesetz v. 28.4.2006[4] in § 4 Nr. 9 Buchst. b S. 1 UStG die Wörter "sowie die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind" gestrichen worden, und zwar mWv 6.5.2006. Mit der Änderung von § 4 Nr. 9 Buchst. b S. 1 UStG entfiel die bis dahin geltende Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken und es wurden ab dem 6.5.2006 alle Spielbankumsätze umsatzsteuerpflichtig. Mit der Gesetzesänderung sollte eine Gleichbehandlung von Glücksspielen mit Geldeinsatz in zugelassenen öffentlichen Spielbanken und gleichartiger Umsätze außerhalb der Spielbanken erreicht werden. Die Rechtsprechung des EuGH und des BFH führte für die Zeit vor dem 6.5.2006 dazu, dass sich Unternehmer für ihre Umsätze mit Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit auch rückwirkend auf die Steuerfreiheit der von ihnen ausgeführten Umsätze berufen konnten. Eine rückwirkende Berufung auf die Steuerbefreiung konnte im Einzelfall dazu führen, dass der Vorsteuerabzug aus den Eingangsumsätzen nach § 15 Abs. 2 UStG vollständig ausgeschlossen war und kein Anwendungsfall von § 15a UStG vorlag. Soweit der Unternehmer in der Vergangenheit seine Umsätze versteuert hatte, war er auch zum Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten z. B. der Geldspielgeräte berechtigt. Berief er sich rückwirkend für einen Besteuerungszeitraum, in dem ein solches Gerät angeschafft wurde, auf die Grundsätze des EuGH-Urteils v. 17.2.2005, musste er m. E. nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch die entsprechenden Folgen für den Vorsteuerabzug, nämlich die rückwirkende Versagung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG, gegen sich gelten lassen. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG wegen Änderung gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen[5] kommt nur insoweit in Betracht, als die rückwirkende Berufung auf die Grundsätze des EuGH-Urteils v. 17.2.2005 nicht bis zum Zeitpunkt der Anschaffung des entsprechenden Geldspielgeräts zurückreicht. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG kommt in den hier gegebenen Fällen zur Anwendung, wenn die rückwirkende Berufung auf die Grundsätze des EuGH-Urteils v. 17.2.2005 verfahrensrechtlich bis zum Zeitpunkt der Anschaffung des entsprechenden Geldspielgeräts zurückreicht. Die Veräußerung des Geldspielgeräts nach Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzung im Unternehmen des Glücksspielbetreibers stellt einen Hilfsumsatz dar, der keinen Einfluss auf die Beurteilung des Vorsteuerabzugs im Zeitpunkt der Anschaffung des Geldspielgeräts hat. Für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG ist es unerheblich, ob der Glücksspielbetreiber das Geldspielgerät nach Beendigung der betriebsgewöhnlichen Nutzung und vor der Veräußerung ertragsteuerrechtlich in das Umlaufvermögen überführt hat. Die Anwendung des § 4 Nr. 28 UStG kommt daher bei richtlinienkonformer Auslegung nur dann nicht in Betracht, wenn der ursprünglich in Anspruch genommene Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Geldspielgeräts verfahrensrechtlich nicht mehr zurückgefordert werden kann und die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG nicht zur vollständigen Rückgängigmachung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs führt. Daher ist m. E. § 4 Nr. 28 UStG auch dann anwendbar, wenn der mit dem veräußerten Gegenstand erzielte laufende Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 bis 27 und Nr. 29 UStG, sondern lediglich aus Anlass der Berufung auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Steuerbefreiung für Umsätze mit Geldspielautomaten nach dem Unionsrecht steuerbefreit ist. D. h., bei einer Berufung auf die Steuerfreiheit eines Geldspielgeräteumsatzes muss der Steuerpflichtige die möglicherweise für ihn ungünstige Folge (z. B. wenn bei Nichtanwendbarkeit von § 4 Nr. 28 UStG die Vorsteuerberichtigungsbeträge höher ausfielen, als die auf die Veräußerung der gebrauchten Geräte entfallende USt), dass dann auch die Veräußerung des Gegenstands als Hilfsumsatz unter § 4 Nr. 28 UStG fällt, gegen sich wirken lassen. Eine Doppelberufung, einerseits auf das Unionsrecht und andererseits auf das nationale Recht (hier Nichtanwendbarkeit von § 4 Nr. 28 UStG), ist m. E. nicht möglich. § 4 Nr. 28 UStG ist richtlinienkonform auszulegen, was dazu führen muss, dass die Anwendung der Vorschrift nur dann ausgeschlossen ist, wenn der ursprünglich in Anspruch genommene Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Gegenstands verfahrensrechtlich nicht mehr zurückg...

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