Rz. 30

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG setzt voraus, dass die Privatschule oder andere betreffende Einrichtung allgemeinbildend oder berufsbildend ist und dass sie entweder die Voraussetzungen des Doppelbuchst. aa erfüllt, oder dass eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde mit dem nach Doppelbuchst. bb vorgesehenen Inhalt vorliegt. Das Erfordernis einer Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Dabei steht es nicht im Belieben der Bildungseinrichtungen, eine solche Bescheinigung zu beantragen. Die Umsätze dieser Einrichtungen sind zwingend steuerfrei, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Klärung des unionsrechtlichen Anspruchs auf Befreiung von der USt nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL gehört nicht zum Regelungsgegenstand der Bescheinigung. Das Erfordernis einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG dient der Nutzung des Fachwissens der zuständigen Landesbehörde über Inhalt und Praxis der schulischen und beruflichen Ausbildung durch öffentliche Träger, das für die Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" entsprechender Leistungen privater Bildungsträger notwendig ist.[1] Auch § 9 UStG ermöglicht es den Trägern privater Bildungseinrichtungen nicht, zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren. Die Bescheinigung kann nicht nur auf Antrag des Unternehmers erteilt werden; damit die Finanzverwaltung sicherstellen kann, dass die umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben beachtet werden, hat sie die Möglichkeit, selbst einen Antrag bei der zuständigen Landesbehörde zu stellen. Das Bescheinigungsverfahren ist ein eigenständiges Verwaltungsverfahren. Die Landesbehörden haben in der Bescheinigung den Zeitraum zu bezeichnen, für den diese gelten soll. Dies kann in der Praxis dazu führen, dass Zeiträume erfasst werden, die bereits weit zurück und ggf. außerhalb der steuerlichen Verjährungszeiträume liegen. Die Bescheinigung nach Doppelbuchst. bb dient allein dem Nachweis, dass die Einrichtung nach ihrer Organisation und ihrem Lehrziel auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Die Eignung der Einrichtung hierzu wird bescheinigt. Es liegt im Wesen einer derartigen Bescheinigung, dass sie sich hierauf beschränkt und nicht die konkrete Ausbildung einzelner Schüler oder Lehrgangsteilnehmer beurteilt. Dies zeigt auch ein Vergleich mit Doppelbuchst. aa der Vorschrift. Liegt eine Ersatzschule i. S. dieser Regelung vor, so wird die Steuerbefreiung ohne weitere Einschränkung gewährt. Träger von Ergänzungsschulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen benötigen also, sofern sie keine Ersatzschule i. S. d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG betreiben, nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde. Das gilt auch, wenn der Träger der Einrichtung kein Unternehmer oder eine in § 4 Nr. 22 UStG bezeichnete Einrichtung (z. B. Volkshochschule, Wirtschaftsakademie, gemeinnütziger Verein) ist.[2]

Nach der Rechtsprechung des BVerwG sind die Bescheinigungsvoraussetzungen im Interesse einer wirksamen Anwendung des Unionsrechts bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ein Anspruch auf Befreiung von der USt in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann.[3]

"Vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung" i. S. d. § 4 Nr 21 Buchst a Doppelbuchst. bb UStG ist im schulischen Bereich nicht die einzelne Klassenarbeit oder Klausur, sondern die zu einem Schulabschluss führende Abschlussprüfung.[4] Für die Erteilung einer Bescheinigung an eine Sprachschule/ein Nachhilfeinstitut ist es mindestens erforderlich, dass 25 % der Nachhilfelehrkräfte die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen und die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich und pädagogisch geeignet sind. Bei der Einrichtung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG muss es sich um ein seriöses Institut handeln, dessen Leistungen objektiv geeignet sind, der Prüfungsvorbereitung zu dienen. Zudem müssen die von ihr eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen.[5]

[1] Vgl. BVerwG v. 12.6.2013, 9 C 4.12, BFH/NV 2013, 1759.
[3] Vgl. z. B. BVerwG v. 22.9.2021, 9 B 8.21, Haufe-Index 14844569, HFR 2021, 1218.
[4] Vgl. VG Düsseldorf v. 7.3.2014, 25 K 4449/13.
[5] Vgl. OVG Lüneburg v. 6.10.2016, 2 LC 82/15.

2.4.1 Wirkung der Bescheinigung

 

Rz. 31

Die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bindet Finanzbehörden und Finanzgerichte gleichermaßen. Dies ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut, wonach die bezeichneten Leistungen unter den dort genannten Voraussetzungen steuerfrei sind, we...

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