3.1 Überblick

 

Rz. 61

Steuerfrei sind nach der Vorschrift im Gegensatz zu § 4 Nr. 19 Buchst. a UStG nur bestimmte Umsätze bestimmter Unternehmer. Bei den Unternehmern darf es sich nur handeln um:

  • nicht unter § 4 Nr. 19 Buchst. a UStG fallende Inhaber anerkannter Blindenwerkstätten (also keine blinden Inhaber) oder
  • anerkannte Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten.
 

Rz. 62

Steuerfrei sind nur die folgenden Umsätze:

  • Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren und
  • sonstige Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben.

3.2 Begünstigte Unternehmer

 

Rz. 63

Begünstigt sind die Inhaber der anerkannten Blindenwerkstätten und die anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten i. S. v. § 226 SGB IX. Nach § 226 SGB IX sind die §§ 223 und 224 SGB IX auch zugunsten von aufgrund des Blindenwarenvertriebsgesetzes (BliwaG) v. 9.4.1965[1] anerkannten Blindenwerkstätten anzuwenden. Dies stellt sicher, dass – auch nach Aufhebung des BliwaG – die Regelungen zur Anrechnung von Aufträgen auf die Ausgleichsabgabe und zur Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand weiterhin zugunsten der Blindenwerkstätten Anwendung finden, die aufgrund des Blindenwarenvertriebsgesetzes über eine Anerkennung als Blindenwerkstatt verfügen. Das BliwaG und die DVO BliwaG v. 11.8.1965[2] waren durch das 2. Mittelstandsentlastungsgesetz mWv 14.9.2007 aufgehoben worden (Rz. 13). Die Steuerbefreiung können danach beanspruchen:

  • Blindenwerkstätten, d. h. Betriebe, in denen ausschließlich Blindenwaren hergestellt und in denen sehende Personen nur mit den notwendigen Hilfs- und Nebenarbeiten beschäftigt werden[3], und
  • Zusammenschlüsse (Vereinigungen) von Blindenwerkstätten, deren Zweck ausschließlich auf den Vertrieb von Blindenwaren und Zusatzwaren sowie auf den gemeinsamen Ankauf von Rohstoffen gerichtet ist.[4]
 

Rz. 64

Diese Einrichtungen müssen von der zuständigen Behörde (oberste Landesbehörde oder der von dieser bestimmten Behörde) als Blindenwerkstatt oder als Zusammenschluss von Blindenwerkstätten anerkannt werden. Die Unternehmer sind im Besitz eines Anerkennungsbescheids. Staatlich anerkannte Blindenwerkstätten sind im Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 225 SGB IX aufgeführt. Es handelt sich um eine Zusammenstellung der der Bundesagentur für Arbeit bekannt gegebenen Blindenwerkstätten i. S. d. Blindenwarenvertriebsgesetzes. Das Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 225 SGB IX wird nicht mehr als Printmedium, sondern nur noch im Internet geführt. Das aktuelle Verzeichnis hat den Stand v. Mai 2022.[5]

[1] BGBl I 1965, 311.
[2] BGBl I 1965, 807.
[3] § 5 Abs. 1 Nr. 1 BliwaG.
[4] § 5 Abs. 1 Nr. 2 BliwaG.
[5] Herausgegeben von der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, Stand: Mai 2022, https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015706.pdf.

3.3 Begünstigte Umsätze

 

Rz. 65

Sachlich erstreckt sich die Steuerbefreiung nur auf die

  • Lieferungen (und ihnen entsprechende unentgeltliche Wertabgaben) von Blindenwaren und Zusatzwaren[1] sowie auf
  • die sonstigen Leistungen (und entsprechenden unentgeltlichen Wertabgaben), soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben.[2]
 

Rz. 66

Blindenwaren[3] sind Waren, die in ihren wesentlichen, das Erzeugnis bestimmenden Arbeiten von Blinden hergestellt und ihrer Art nach durch Rechtsverordnung bestimmt sind.[4] Welche Waren im Einzelnen hierunter fallen, ergibt sich aus der (mWv 14.9.2007 aufgehobenen) Verordnung zur Durchführung des Blindenwarenvertriebsgesetzes.[5] Nach § 1 DVO BliwaG sind Blindenwaren:

  • überwiegend handgefertigte Bürsten und Besen aller Art,
  • Korbflechtwaren sowie Rahmen- und Stuhlflechtarbeiten,
  • Doppel-, Rippen-, Gitter- und Gliedermatten,
  • mit Rahmen oder Handwebstühlen oder mit mechanischen Webstühlen hergestellte Webwaren,
  • Strick-, Knüpf- und Häkelwaren und durch Strickmaschinen hergestellte Waren,
  • kunstgewerbliche Waren aus Keramik, Leder, Holz, Metall und Kunststoff,
  • Federwäscheklammern,
  • Arbeitsschürzen aus Segeltuch, Drillich, Gummi oder Kunststoff.

Unter die Steuerbefreiung fallen auch Umsätze von solchen Blindenwaren, die nicht in der eigenen Blindenwerkstätte hergestellt sind.[6] Sog. "Blindenseife" ist keine Blindenware.[7]

 

Rz. 67

Zusatzwaren[8] sind Waren, die zusammen mit Blindenwaren verwendet zu werden pflegen oder deren gleichzeitiger Vertrieb den Absatz von Blindenwaren besonders zu fördern geeignet ist und die ihrer Art nach durch Rechtsverordnung bestimmt sind. Nach § 2 DVO BliwaG dürfen als Zusatzwaren vertrieben werden:

  • Korb- und Seilerwaren,
  • Pinsel und Matten sowie
  • einfaches Reinigungsgerät und Putzzeug mit Ausnahme der in § 1 DVO bezeichneten Waren, auch wenn diese nach anderen als den dort genannten Verfahren hergestellt werden.
 

Rz. 68

Der Erlös aus dem Verkauf der Zusatzwaren darf bei Blindenwerkstätten und bei Zusammenschlüssen von Blindenwerkstätten 30 % des Gesamterlöses aus dem Verkauf von Blindenwaren und Zusatzwaren während des Kalenderjahrs nicht übersteigen.[9] Diese Grenze spielt für die Frage der Steuerbefreiung jedoch keine Rolle...

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