4.1 Umsätze der Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung (bis 17.12.2019)

 

Rz. 53

Nach § 4 Nr. 15 Buchst. b S. 2 UStG war (bis 17.12.2019; ab 18.12.2019 ist § 4 Nr. 15 Buchst. b S. 2 UStG gestrichen)[1] die Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Als Brillenteile waren insbesondere Gläser und Brillengestelle anzusehen.

 

Rz. 54

Die Ausnahme von der Steuerbefreiung korrespondierte mit der Regelung in § 2 Abs. 3 Nr. 3 UStG (alt) bzw. § 2b Abs. 4 Nr. 2 UStG (i. d. F. bis 17.12.2019[2]), wonach die Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung auf jeden Fall eine gewerbliche oder berufliche und damit umsatzsteuerbare Tätigkeit i. S. d. UStG ist/war (vgl. auch Rz. 6).

 

Rz. 55

Die Steuerbarkeit (und damit auch die Steuerpflicht) erstreckte sich auf die Lieferung von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten sowie die entsprechenden unentgeltlichen Wertabgaben. Sie galt unabhängig davon, ob die Tätigkeit gegenüber Mitgliedern oder gegenüber Nichtmitgliedern der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung ausgeübt wird.

Rz. 56 einstweilen frei

[1] Vgl. Rz. 9a.
[2] § 2b Abs. 4 Nr. 2 aufgeh. durch Art. 11 Nr. 2 Gesetz v. 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451 mWv 18.12.2019.

4.2 Leistungen der Sammel- und Verteilungsstelle für das Institutskennzeichen (SVI)

 

Rz. 57

Das SVI ist eine Organisation der Spitzenverbände der Krankenversicherung, Rentenversicherung, Unfallversicherung, der Bundesagentur für Arbeit und der Versorgungsverwaltungen der Länder. Die Spitzenverbände (insoweit eine Arbeitsgemeinschaft) als Vergabestellen übernehmen für ihren Zuständigkeitsbereich die Vergabe der in § 293 SGB V geregelten Institutskennzeichen. Dieses dient im Zahlungsverkehr zwischen den Leistungserbringern und den Sozialversicherungsträgern der Identifikation von Zahlenden und Zahlungsempfängern. Die Vergabestellen führen eine Datei, in welcher das vergebene Kennzeichen weiteren personen- bzw. institutsbezogenen Merkmalen (z. B. Name, Anschrift, Bankverbindung) zugeordnet ist. Beim Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HBVG) wurde die SVI errichtet, welche die Aufgabe hat, alle von den Vergabestellen vergebenen Datensätze zentral zu führen und ihre aktuelle Fassung den Vergabestellen zur Verfügung zu stellen. Die bei der SVI entstehenden Kosten werden nachträglich ermittelt und auf die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger umgelegt. Das SVI ist kein Träger der Sozialversicherung i. S. v. § 29 Abs. 1 SGB IV, sondern eine rechtlich unselbstständige Organisationseinheit des HVBG. Dieser ist ebenfalls kein Träger der Sozialversicherung. Eine Anwendung des § 4 Nr. 15 UStG auf die Umsätze des HVBG aus der Tätigkeit als SVI ist daher nicht möglich. Die Steuerbefreiung kann auch nicht in Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL in Betracht kommen.[1]

4.3 Leistungen der Arbeitsgemeinschaften i. S. d. § 219 SGB V gegenüber ihren Mitgliedern

 

Rz. 58

Leistungen von Arbeitsgemeinschaften, die Krankenkassen und ihre Verbände zur gegenseitigen Unterrichtung, Abstimmung, Koordinierung und Förderung der Zusammenarbeit im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben bilden können[1], sind nicht nach § 4 Nr. 15 Buchst. a UStG steuerfrei.[2] Das gilt auch für Arbeitsgemeinschaften, die Krankenkassen und ihre Verbände insbesondere mit Kassenärztlichen Vereinigungen und anderen Leistungserbringern sowie mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst zur Förderung der Gesundheit, Prävention, Versorgung chronisch Kranker und Rehabilitation bilden können.[3] Zwar stellen die Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V eine vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Organisationsform dar, andererseits haben die gesetzlichen Sozialversicherungsträger jedoch auch die Möglichkeit, Aufgabengebiete (z. B. Rechnerbetrieb und Fachberatung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung) an fremde Dritte zu vergeben. Von daher würde eine umsatzsteuerliche Privilegierung der Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung führen.[4] Allerdings sollen die von einer von (Betriebs-)Krankenkassen gegründeten Genossenschaft nach § 219 SGB V durch die EDV-technische Abwicklung der Tätigkeiten der Mitglieder vereinnahmten Entgelte nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-Richtlinie steuerfrei sein, wenn gem. § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X Wettbewerbsverzerrungen ausscheiden, nach dem wegen der Übernahme des gesamten Datenbestands das Erteilen des Auftrages an nicht-öffentliche Stellen nicht möglich sei und die Festlegung der Preise der bloßen Kostendeckung dienten. Dem soll die Erzielung von Gewinnen in einzelnen Jahren nicht entgegenstehen, wenn sich diese in Investitionsjahren (mehr als) ausgleichen.[5]

 

Rz. 59

Ob für Leistungen von Arbeitsgemeinschaften i. S. v. § 219 SGB V eine Steuerbefreiung unter unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL in Betracht kommen kann, war früher fraglich. Nach der Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten Dienstlei...

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