Rz. 103

Steuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind auch Umsätze aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit. Damit handelt es sich um Umsätze, die nicht in Leistungen aus der Tätigkeit als Arzt oder Zahnarzt bzw. den in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG genannten nichtärztlichen Heilberufen bestehen. Es handelt sich um Umsätze aus der Tätigkeit von nicht ausdrücklich im Gesetz genannten Heil- und Heilhilfsberufen (Gesundheitsfachberufe). Das gilt jedoch nur dann, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt und die sonstigen Voraussetzungen von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfüllt sind[1].

 

Rz. 104

Nach den Beschlüssen des BVerfG v. 29.10.1999[2] zu den Tätigkeiten eines Heileurhythmisten und Fußpflegers verstößt es gegen Art. 3 GG, die Ähnlichkeit mit einem Katalogberuf i. S. v. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG allein von einer entsprechenden berufsrechtlichen Regelung abhängig zu machen. Vielmehr sind Umsätze von Unternehmern, die Heil- und Heilhilfsberufe ausüben, steuerfrei, wenn die Umsätze in heilberuflichen Tätigkeiten bestehen und von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Eine Unterscheidung, ob die Leistungen an Kassen- oder Privatpatienten erbracht werden, ist zulässig. Eine berufsrechtliche Regelung ist nicht maßgeblich. Es ist darüber hinaus kein sachlich rechtfertigender Grund ersichtlich, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG zu versagen, wenn die Leistung von den Sozialversicherungsträgern finanziert wird. Hieraus hat der BFH[3] für den Fall des Heileurhythmisten entschieden, dass die Anwendung von § 4 Nr. 14 UStG auf die Umsätze von Unternehmern, die Heil- oder Heilhilfsberufe ausüben, nicht von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung abhängt. Maßgebend ist, dass die Leistung des Unternehmers durch "heilberufliche Tätigkeit" i. d. R. von den Sozialversicherungsträgern finanziert wird. Unter diesen Umständen kann ein Heileurhythmist, der Bewegungstherapie auf ärztliche Anordnung anwendet und dadurch dazu beiträgt, Krankheiten oder Leiden bei Menschen zu lindern, nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfreie Umsätze ausführen. Leistungen des Unternehmers durch heilberufliche Tätigkeit, die i. d. R. von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden, sind jedenfalls vorhanden, wenn sie ihrer Art nach von den Sozialversicherungsträgern für den Patienten bezahlt werden. Damit hängt die Steuerbefreiung nicht davon ab, dass die Sozialversicherungsträger die einzelne Leistung wirklich bezahlt haben, sodass auch Leistungen an Privatpatienten steuerfrei ausgeführt werden, wenn die Sozialversicherungsträger eine entsprechende Leistung für ein Mitglied bezahlen würden. Danach hängt die Steuerbefreiung für Leistungen durch heilberufliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auch nicht davon ab, dass die Sozialversicherungsträger mehr als 50 % (oder in einem anderen Umfang) der Leistungen des Unternehmers finanzieren. Die folgerichtige Umsetzung von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auf vergleichbare Sachverhalte rechtfertigt nach Art. 3 Abs. 1 GG keine Unterscheidung zwischen Privat- und Kassenpatienten, wenn sie die ihrer Art nach gleiche heilberufliche Leistung beanspruchen. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG bezweckt letztlich, dass USt nicht auf den Endverbraucher abgewälzt wird, sei es über Beiträge an den Sozialversicherungsträger oder sei es über das Honorar an den Unternehmer, der die heilberufliche Tätigkeit ausführt. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH v. 23.2.1988[4] folgert der BFH[5] weiter, dass nicht sämtliche Leistungen durch heilberufliche Tätigkeit befreit werden müssen, sondern nur diejenigen, die (ihrer Art nach) von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden.

 

Rz. 105

Die Finanzverwaltung hat aufgrund der Beschlüsse des BVerfG die Anforderungen an die Vergleichbarkeit mit einem Katalogberuf[6] wie folgt umgesetzt: Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit soll die Zulassung des jeweiligen Unternehmens bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen sein. Nach § 124 Abs. 2 SGB V ist zuzulassen, wer

  • die für die Leistungserbringer erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt,
  • über eine Praxisausstattung verfügt, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet, und
  • die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt.
 

Rz. 106

Damit, so scheint es, hat die Verwaltung ihre Anforderungen an die Rechtsprechung des BVerfG nicht tatsächlich angepasst, sondern im Ergebnis durch den Verweis auf § 124 SGB V nach wie vor die berufsrechtliche Regelung als Voraussetzung für die Steuerbefreiung gefordert. Die Kassenzulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V u. a. darf nur erfolgen, wenn die für die Leistungserbringer erforderliche Ausbildung und eine Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung nachgewiesen we...

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