5.1 Überblick

 

Rz. 130

§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG enthält insgesamt vier Ausnahmen von der Steuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, nämlich die

  • Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält,
  • Vermietung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen,
  • kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen,
  • Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtung), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.

Die Aufzählung ist abschließend, sodass sich andere Ausnahmen von der Steuerbefreiung – abgesehen von den steuerpflichtigen Entgeltteilen bei gemischten Verträgen und der generellen Steuerpflicht der Umsätze bei Verträgen besonderer Art – nicht ergeben können.

 

Rz. 131

§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG unterscheidet sich vom Grundtatbestand des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG hinsichtlich der Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch die an den Mietgegenstand zu stellenden Anforderungen, bei dem es sich um zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehaltene Wohn- und Schlafräume handeln muss. Systematisch ist § 4 Nr. 12 S. 2 UStG ein Ausnahmetatbestand zu § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG. So ist z. B. die auf Dauer angelegte Vermietung möblierter Wohn- und Schlafräume nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfrei, da dann im Hinblick auf das zeitliche Element der Ausnahmetatbestand nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG nicht vorliegt.[1] Damit folgt der BFH der Rechtsprechung des EuGH. Nach dem EuGH[2] ist die Dauer der Beherbergung – bei der Überlassung "vollständig möblierter und mit Kochgelegenheiten ausgestatteter Zimmer", bei der der Vermieter "für die Gestellung und Reinigung der Bettwäsche sowie für die Reinigung der Flure, Treppenhäuser, Bäder und WCs" zu sorgen hatte – ein geeignetes Kriterium für die Unterscheidung zwischen der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe (als steuerpflichtigem Umsatz) einerseits und der Vermietung von Wohnräumen (als befreitem Umsatz) andererseits, da sich die Beherbergung im Hotel u. a. gerade bezüglich der Verweildauer von der Vermietung eines Wohnraums unterscheidet.

[1] BFH v. 20.8.2009, V R 21/08, BFH/NV 2010, 473, zur Vermietung eines Seniorenpflegeheims inkl. Überlassung der gesamten Erstausrüstung und Einrichtung als einheitliche Leistung.
[2] EuGH v. 12.2.1998, C-346/95, Elisabeth Blasi, HFR 1998, 505.

5.2 Vermietung von Wohn- und Schlafräumen

 

Rz. 132

Steuerpflichtig ist die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die der Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Hierunter fallen insbesondere die Beherbergungsumsätze in Hotels, Pensionen und Gaststätten. Die Unterbringung muss jedoch nicht zwangsläufig in diesen Sektoren stattfinden. Die Steuerpflicht kommt auch zur Anwendung, wenn außerhalb eines Gewerbebetriebs Wohnungen (z. B. Zimmer) kurzfristig vermietet werden, z. B. Ferienzimmer an Feriengäste oder Gäste bei Kuraufenthalten oder z. B. an Besucher einer Messe.

 

Rz. 133

Eine kurzfristige Beherbergung wird angenommen, wenn das Mietverhältnis darauf angelegt ist, weniger als sechs Monate zu dauern.[1] Die Frage, ob eine kurz- oder langfristige Beherbergung vorliegt, wird somit nicht von der tatsächlichen Dauer der Mietzeit abhängig gemacht, sondern von den Absichten des Vermieters.[2] Wenn deutlich wird, dass auf Dauer an Personen vermietet werden soll[3], ist von der Steuerbefreiung der Unterbringungsumsätze auszugehen. Der Abschluss eines langfristigen Mietvertrags ist Indiz dafür, dass die Vermietung auch langfristig beabsichtig ist.[4] Auch beim Abschluss von Mietverträgen mit kurzer Kündigungsfrist kann u. U. eine langfristige Raumüberlassung vorliegen. Nach dem Beschluss des BFH v. 11.3.1998[5] kommt es für die Entscheidung der Frage, ob eine kurzfristige und eine auf Dauer angelegte Überlassung von Räumen vorliegt, auf die aus den äußeren Umständen ableitbare Absicht des Unternehmens an. Diese ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen.

 

Rz. 134

Nach EuGH v. 12.2.1998[6] (sollen Mietverträge mit einer Laufzeit von weniger als sechs Monate der Besteuerung unterliegen. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts zu überprüfen, ob im konkreten Fall gewisse Momente (z. B. die automatische Verlängerung des Mietvertrags) darauf hindeuten, dass die im Mietvertrag angegebene Laufzeit nicht der wirklichen Absicht der Parteien entspricht. In einem solchen Fall ist auf die tatsächliche Gesamtdauer der Beherbergung und auf die – beabsichtigte – Laufzeit des Mietvertrags abzustellen.

 

Rz. 135

Wenn das konkrete Mietverhältnis nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern sollte, kann von einer nur kurzfristigen Beherbergung ausgegangen werden. Die Sechs-Monats-Grenze zur Abgrenzung einer nur kurzfristigen Beherbergung von einer auf Dauer angelegten Vermietung von Grundstücken oder Grundstücksteilen steht im Einklang mit Art. 135 Abs. 2 Buchst. a MwStSystRL.[7]

 

Rz. 136

Vermietet ein Unternehmer Räume eines Gebäudeteils länger...

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