1.5.1 Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses

 

Rz. 17

Wegen der gleitenden Verweisung in § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG ist das VersStG in der jeweils geltenden Fassung[1] maßgebend. Im Gegensatz zu § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG, wonach Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses umsatzsteuerfrei sind, ist Gegenstand der VersSt nicht das Versicherungsverhältnis als solches, sondern die Zahlung des Versicherungsentgelts.[2] Die VersSt ist also eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes.[3] Aus dieser Inkongruenz zwischen Umsatz- und Versicherungsteuerrecht ist zu schließen, dass § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG im Grundsatz folgende Leistungen abdeckt:

  • Wagnisübernahme des Versicherungsgebers (Gewährung von Versicherungsschutz),
  • Entgeltleistung des Versicherungsnehmers (Zahlung der Versicherungsprämie in Geld- oder Sachwerten),
  • bei Vertragsabschluss vereinbarte Leistung des Versicherungsgebers bei Eintritt des Versicherungsfalls (z. B. Entschädigungsleistung in Geld- oder Sachwerten).

Diese Leistungen fallen, soweit sie als Geldleistungen nicht bereits nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei sind, sachlich unter § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG. Steuerfrei sind damit alle vom Versicherer und vom Versicherungsnehmer (hier kann die Steuerbarkeit der Leistung, die Voraussetzung der Steuerbefreiung ist, bereits an der Unternehmereigenschaft scheitern) aufgrund des Versicherungsverhältnisses erbrachten Leistungen, wobei Leistender nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG regelmäßig der Versicherer ist. Die vom Versicherten gezahlte Gegenleistung für die Versicherungsleistung stellt regelmäßig eine umsatzsteuerlich nicht steuerbare Leistung dar.

Wesentliches Merkmal für ein Versicherungsverhältnis i. S. d. § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses.[4]

 

Rz. 18

Nach § 4 Nr. 10 Buchst. a S. 2 UStG gilt die Steuerfreiheit auch für Leistungen aus Versicherungsverhältnissen (Versicherungs- und Rückversicherungsverträge), für die das Versicherungsentgelt nach § 1 Abs. 1 bis 4 VersStG nicht versicherungsteuerbar ist.

Nicht umsatzsteuerfrei sind allerdings Versicherungsleistungen, die aus anderen Gründen nicht unter das VersStG fallen. Dies sind Leistungen aus einem Vertrag, durch den der Versicherer sich verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten.[5] Darunter sind insbesondere die Kautionsversicherungen (Bürgschafts- und Personenkautionsversicherungen) zu verstehen. Nach § 1 Abs. 1 VersStG ist der Entstehungsgrund für die VersSt ein Zahlungsvorgang, der, wenn er auf Vertrag beruht, einen Versicherungsvertrag zur Voraussetzung hat. Zahlungen aufgrund anderer Verträge fallen also nicht unter das VersStG. Da § 2 Abs. 2 VersStG im Rahmen dieses Gesetzes allen Verträgen, durch die sich der Versicherer zur Sicherheitsleistung, insbesondere Bürgschaftsleistung (oder sonstige Sicherheitsleistung), verpflichtet, die Eigenschaft von Versicherungsverträgen abspricht, können Bürgschafts- und Kautionsversicherungen keine Umsätze nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG sein, die unter das VersStG fallen.[6] Für derartige Leistungen kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG in Betracht kommen.[7]

Ein Versicherungsverhältnis i. S. d. VersStG braucht nicht auf einem Versicherungsvertrag zu beruhen. Es kann auch auf sonstige Weise zustande kommen, wie z. B. die Gebäudebrandversicherungen bei bestimmten durch Landesrecht bestehenden Anstalten öffentlichen Rechts und die ebenfalls unmittelbar auf Gesetz beruhenden Versicherungsverhältnisse in der Sozialversicherung.[8]

[1] Neugefasst durch Bek. v. 10.1.1996, BGBl I 1996, 22, zuletzt geändert durch Art. 25 des Gesetzes v. 20.11.2015, BGBl I 2015, 2029.
[2] § 1 Abs. 1 VersStG: "Der Steuer unterliegt die Zahlung aufgrund eines durch den Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses".
[6] BFH v. 13.7.1972, V R 33/68, BB 1972, 1494; vgl. auch Groß, DB 2009, 363.
[8] Zu Letzteren vgl. die Befreiungen in § 4 Abs. 1 Nrn. 3–5 VersStG.

1.5.2 Verschaffung von Versicherungsschutz

 

Rz. 19

Die Verschaffung eines Versicherungsschutzes i. S. v. § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG liegt vor, wenn der Unternehmer mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließt. Der Begriff Versicherungsschutz umfasst alle Versicherungsarten wie z. B. Lebens-, Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Rechtsschutz-, Diebstahl-, Feuer- und Hausratversicherungen. Durch den Versicherungsvertrag muss der begünstigte Dritte – oder bei Lebensversicherungen auf den Todesfall der Bezugsberechtigte – das Recht erhalten, im Versicherungsfall die Versicherungsleistung zu ford...

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