Rz. 1

Der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 26b UStG wurde zusammen mit dem Straftatbestand des § 26c UStG durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) v. 19.12.2001 in das UStG mit Wirkung zum 1.1.2002 eingefügt.[1] Hervorgehoben sei bereits an dieser Stelle, dass § 26b UStG eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Steuerstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht darstellt, weil hier die Nichtentrichtung einer eigenen Steuerschuld sanktioniert wird.[2]

 

Rz. 2

§ 26b UStG war nicht von Beginn an Bestandteil des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung bei der USt. Sowohl der Entwurf der Bundesregierung v. 10.9.2001[3] als auch die Stellungnahme des Bundesrats und die Gegenäußerung des Bundesrats v. 10.10.2001[4] enthielten keinen Hinweis auf die Notwendigkeit der Einführung eines Bußgeldtatbestands bei der Nichtentrichtung einer geschuldeten USt. Allerdings forderte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf die Einführung eines Straftatbestands für das vorsätzliche Nichtentrichten der in einer Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer.[5] Die Notwendigkeit der Einführung eines zusätzlichen Ordnungswidrigkeitstatbestands für diese Handlung wurde dann erstmals in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v. 20.11.2001[6] genannt. In der dazu veröffentlichten Drucksache ist auch bereits der geltende Wortlaut des § 26b UStG abgedruckt[7], ohne diese Regelung aber weiter zu begründen. Jedenfalls ist die Vorschrift – soweit erkennbar – ohne weitere Änderungen und Diskussionen in das UStG eingeführt worden.

 

Rz. 3

Eine Begründung der Vorschrift findet sich lediglich im Bericht des Finanzausschusses v. 3.11.2001.[8] Hier heißt es zu § 26b UStG:

Zitat

.......Wird die in Rechnung gestellte USt nicht an den Fiskus entrichtet, gerät das Mehrwertsteuersystem aus dem Gleichgewicht, es kommt zu Haushaltsausfällen und Wettbewerbsverzerrungen; die Allgemeinheit wird geschädigt. Das Umsatzsteuersystem bedarf aufgrund des festgestellten massiven Missbrauchs speziell in der Form der sog. Karussellgeschäfte eines besonderen Schutzes. Die Nichtentrichtung der USt kann nicht sanktionslos hingenommen werden.

Das Umsatzsteueraufkommen ist in diesen Fällen derzeit nicht ausreichend geschützt. Wird die USt in der Rechnung i. S. von § 14 ausgewiesen und ordnungsgemäß den Finanzbehörden gegenüber erklärt, gleichwohl aber vorsätzlich nicht entrichtet, ist eine Ahndung als Steuerordnungswidrigkeit derzeit nicht möglich. Verwaltungsrechtliche oder andere Maßnahmen bestehen nicht, um insbesondere den als Rechnungsaussteller auftretenden missing trader wirksam das Handwerk legen zu können. Mit § 26b kann dies erstmals gelingen.

Ist die unterlassene Entrichtung der USt entschuldbar, kann die Finanzbehörde nach dem im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Opportunitätsprinzip auf ein Ahndung verzichten, wobei auch die in § 266a Abs. 5 StGB genannten Umstände als Maßstab für die diesbezüglichen Ermessensentscheidungen in Betracht kommen können. Namentlich wenn der Betroffene dem FA unverzüglich und plausibel darlegt, weshalb ihm eine fristgerechte Entrichtung trotz ernsthaften Bemühens nicht möglich ist oder war und er anschließend in der gesetzten Frist die USt entrichtet und dadurch die Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens beseitigt, wird dies i. d. R. zu einem Absehen von der Verfolgung führen.

Der Bußgeldrahmen orientiert sich an dem der §§ 378 und 383 AO. Eine Orientierung an dem Bußgeldrahmen der Gefährdungstatbestände der §§ 379ff. AO wäre nicht sachgerecht.

 

Rz. 4

Aus dieser Gesetzesbegründung erscheint es auf einen ersten Blick so, dass hier vornehmlich der genannte "missing trader" der Umsatzsteuerkarusselle als Adressat Tatbestands ist. Tatsächlich ist das aufgrund der allgemein gehaltenen Formulierung des Gesetzestextes aber nicht so. Unter § 26b UStG fällt grundsätzlich jeder Fall der Nichtzahlung nach Fälligkeit und Anmeldung der Steuer, demnach gilt das auch für den "einfachen" Vollstreckungsschuldner. Dass der Gesetzgeber dies erkannt hat, kann aus dem dritten Absatz der Begründung geschlossen werden, denn hier werden dann "entschuldbare" Fälle der Nichtentrichtung genannt, welche dann über dem im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Opportunitätsgrundsatz (Rz. 61) gelöst werden sollen.

 

Rz. 5

Der hier vom Gesetzgeber gewählte Weg überzeugt m. E. deshalb nicht, weil der objektive Tatbestand schon beim Bestehen der wenigen genannten Merkmale vorliegt[9], er ist dadurch sehr weit. Die Lösung "entschuldbarer" Fälle – insbesondere der Zahlungsverzögerung – soll erst über den Opportunitätsgrundsatz erfolgen (Rz. 61). I.E. fallen dann viele mögliche Anwendungsfälle der Nichtzahlung von Umsatzsteuer unter einen Tatbestand, der für sie erstens nicht geschaffen wurde und der sie zweitens nach dem Willen des Gesetzgebers wohl auch nicht umfassen sollte. Dies erscheint besonderes bedenklich, wenn z. B. wegen wiederholter Zahlungsunfähigkeit bei verschiedenen Voranmeldungen die Gewerbsmäßigkeit, und damit der Qualifikationsta...

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