Rz. 47

§ 22 Abs. 1 UStG bestimmt den Zweck, zu dem die Aufzeichnungen zu führen sind, und regelt in den Abs. 2 bis 4e deren Mindestinhalt, indem er festlegt, was aus den Aufzeichnungen zu ersehen sein muss. Die Frage, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind, überlässt § 22 Abs. 6 UStG dem Verordnungsgeber. Lediglich § 22 Abs. 1 S. 3 UStG enthält Anweisungen zur Durchführung der Aufzeichnungspflicht in den Fällen, in denen der Unternehmer in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführte landwirtschaftliche Betriebe wie selbstständige Unternehmen zu behandeln hat. Regelungen zur Art und Weise der Erfüllung der Aufzeichnungspflichten sind insbesondere in den §§ 63 bis 65 UStDV enthalten. Darüber hinaus sind die Bestimmungen der §§ 145 bis 146a AO heranzuziehen, deren Ordnungsgrundsätze auch für die Aufzeichnungen für Zwecke der Umsatzbesteuerung gelten.

Werden Aufzeichnungen nach verschiedenen Rechtsnormen in einer Aufzeichnung zusammengefasst (z. B. nach §§ 238ff. HGB und nach § 22 UStG), müssen die zusammengefassten Aufzeichnungen den unterschiedlichen Zwecken genügen. Erfordern verschiedene Rechtsnormen gleichartige Aufzeichnungen, so ist eine mehrfache Aufzeichnung für jede Rechtsnorm nicht erforderlich.[1]

[1] BMF v. 28.11.2019, IV A 4-S 0316/19/10003 :001, FMNR520000019, Rz. 13, BStBl I 2019, 1269.

4.4.1 Grundsatz der Überschaubarkeit der Aufzeichnungen

 

Rz. 48

Nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen die Aufzeichnungen des Unternehmers so beschaffen sein, dass ein sachverständiger Dritter in angemessener Zeit einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuerbeträge erhalten und die Grundlagen der Steuerberechnung feststellen kann. Damit gilt der für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung maßgebende Grundsatz des § 145 Abs. 1 S. 1 AO auch für die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungen i. S. d. § 22 UStG, um der Finanzverwaltung die Prüfung der Richtigkeit der vom Unternehmer ermittelten Steuerzahlungsschuld zu ermöglichen.

Die geschäftlichen Unterlagen dürfen nicht planlos gesammelt und aufbewahrt werden. Ansonsten würde dies mit zunehmender Zahl und Verschiedenartigkeit der Geschäftsvorfälle zur Unübersichtlichkeit der Buchführung führen, einen jederzeitigen Abschluss unangemessen erschweren und die Gefahr erhöhen, dass Unterlagen verlorengehen oder später leicht aus dem Buchführungswerk entfernt werden können. Hieraus folgt, dass die Bücher und Aufzeichnungen nach bestimmten Ordnungsprinzipien geführt werden müssen und eine Sammlung und Aufbewahrung der Belege notwendig ist, durch die im Rahmen des Möglichen gewährleistet wird, dass die Geschäftsvorfälle leicht und identifizierbar feststellbar und für einen die Lage des Vermögens darstellenden Abschluss unverlierbar sind.[1]

Die allgemeinen Ordnungsvorschriften in den §§ 145 bis 147 AO gelten nicht nur für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach § 140 AO und nach den §§ 141 bis 144 AO. Insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft alle zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderten Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Steuergesetze verpflichtet ist, wie z. B. nach § 4 Abs. 3 S. 5, Abs. 7 EStG und nach § 22 UStG.[2]

 

Rz. 49

Die FÄ werden sich im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung (auch durch Kassen-Nachschau gem. § 146b AO oder Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 27b UStG) anhand der Aufzeichnungen des Unternehmers einen Überblick über die Besteuerungsgrundlagen verschaffen. Die Frage nach dem insoweit angemessenen Zeitraum kann nicht mit einer nach Tagen konkret bemessenen Frist beantwortet werden. Dieser Zeitraum ist vielmehr von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig und wird insbesondere von der Art und dem Umfang der Aufzeichnungen bestimmt.

[1] BFH v. 26.3.1968, IV 63/63, BStBl II 1968, 527; BMF v. 28.11.2019, IV A 4-S 0316/19/10003 :001, FMNR520000019, Rz. 54, BStBl I 2019, 1269.

4.4.2 Grundsätze der Wahrheit, der Klarheit und der fortlaufenden Aufzeichnung

 

Rz. 50

Nach dem auch für die umsatzsteuerrechtlichen Aufzeichnungen geltenden § 146 Abs. 1 S. 1 AO hat der Unternehmer seine Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind gem. § 146 Abs. 1 S. 2 AO täglich festzuhalten. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach § 146 Abs. 1 S. 1 AO besteht gem. § 146 Abs. 1 S. 3 AO aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht.[1] Das gilt gem. § 146 Abs. 1 S. 4 AO nicht, wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem i. S. d. § 146a AO verwendet.[2]

 

Rz. 51

§ 146 Abs. 1 S. 1 AO kodifiziert mehrere GoB, nämlich die Grundsätze der Wahrheit, der Klarheit und der fortlaufenden Verbuchung.[3] Diese insbesondere für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bedeutsamen Grundsätze gelten auch für die Aufzeichnungen nach § 22 UStG. Sie erfordern eine sachlich und formell richtige Aufzeichnung sämtlicher Geschäftsvorfälle, die hinsichtlich ihrer umsatzsteuerrechtlichen B...

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