Rz. 335

Jeder Unternehmer kann neben seiner unternehmerischen Sphäre grundsätzlich auch eine nichtunternehmerische Sphäre haben. Dabei kommt es nicht auf die Rechtsform des Unternehmers an. Auch eine Personengesellschaft oder eine juristische Person kann eine nichtunternehmerische Sphäre haben[1]; zum Problem der Unternehmereigenschaft von Vereinen oder Vereinigungen vgl. Rz. 158ff. Insbesondere dann, wenn die Gesellschaft Beteiligungen an anderen Unternehmen hält, kann dies im nichtunternehmerischen Bereich vollzogen werden.[2]

 

Rz. 336

Die Trennung in eine unternehmerische und eine nichtunternehmerische Sphäre kann grundsätzlich zu mehreren Leistungsbeziehungen führen. Soweit aus der nichtunternehmerischen Sphäre heraus Leistungen erbracht werden, sind diese nicht steuerbar, ein damit im Zusammenhang stehender Vorsteuerabzug ist wegen der nichtunternehmerischen Zuordnung nicht möglich. Wird eine Leistung aus dem Unternehmen heraus erbracht, liegt – unter den übrigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG – ein steuerbarer Umsatz vor, der unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG zu einem Vorsteuerabzug für bezogene Vorleistungen führt.

 

Rz. 337

Nach der Rechtsprechung des EuGH[3] und des BFH[4] kann der Unternehmer bezogene Leistungen sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Tätigkeiten verwenden. Dabei sind die nichtunternehmerischen Tätigkeiten – soweit der Auffassung (Rz. 343a) und den Begriffen der FinVerw[5] gefolgt wird – in die nichtwirtschaftliche Tätigkeit i. e. S. und die unternehmensfremde ("private") Tätigkeit zu unterteilen. Die unternehmensfremde ("private") Tätigkeit ist dabei nach der Rechtsprechung des EuGH[6] der Sonderfall, der nach dem deutschen UStG über § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG zu einer Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe führt. Nur in diesem Fall kann der Unternehmer aus Leistungen, soweit sie für unternehmerische und unternehmensfremde ("private") Tätigkeiten verwendet werden sollen, den vollständigen Vorsteuerabzug vornehmen, wenn er die bezogene Leistung seinem Unternehmen vollständig zuordnet. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist dann weiterhin, dass keine weiteren Vorsteuerausschlussgründe (z. B. nach § 15 Abs. 1a, Abs. 1b oder Abs. 2 UStG) vorliegen.

 

Rz. 338

Eine Verwendung von bezogenen Leistungen für die nichtwirtschaftliche Tätigkeit i. e. S. schließt nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH den vollständigen Vorsteuerabzug aus, der Unternehmer kann den Vorsteuerabzug nur insoweit vornehmen, wie er die Leistung für seine unternehmerischen Tätigkeiten zu verwenden beabsichtigt. Darunter fallen sowohl Leistungen, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts teilweise für ihren hoheitlichen Bereich verwenden will, als auch Leistungen, die Vereine oder Verbände auch für ihren ideellen Bereich zu verwenden beabsichtigen. Darüber hinaus aber auch Leistungen für unternehmerische Zwecke, die aber in der Konsequenz zu einer Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 UStG (z. B. Erwerb von Gegenständen für ein Preisausschreiben) oder nach § 3 Abs. 9a UStG (z. B. Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen, soweit für den privaten Bedarf des Personals) führen würden. Ob mit der Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts auch ein Zuordnungsverbot zum Unternehmensvermögen verbunden ist, ist umstritten (Rz. 343a).

 

Rz. 338a

Die FinVerw hatte schon 2012[7] die Abgrenzung der sich aus der Rechtsprechung ergebenden verschiedenen Sphären übernommen und folgenden Sprachgebrauch in die Verwaltungsanweisungen zur nichtunternehmerischen Sphäre eingeführt[8]:

  • unternehmensfremde (private) Nutzung: Eine unternehmensfremde Nutzung ist der gesetzliche Sonderfall. Er liegt vor, wenn der Unternehmer einen Gegenstand auch für private Zwecke verwendet (Privatentnahmen nach § 3 Abs. 1b oder § 3 Abs. 9a UStG). Solche unentgeltlichen Ausgangsleistungen können nur vorliegen, wenn der Unternehmer aus seinem Unternehmen heraus Leistungen in den privaten Lebensbereich oder für den privaten Bedarf des Personals ausführt.
  • nichtwirtschaftliche Nutzung i. e. S.: Eine nichtwirtschaftliche Nutzung i. e. S. liegt vor, wenn ein Unternehmer, der keinen "Privatbereich" haben kann, Leistungen für seine nichtunternehmerischen Zwecke nutzt (z. B. Verwendung von Gegenständen durch einen Verein im ideellen Bereich oder Nutzung im Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts).
[3] EuGH v. 12.2.2009, C-515/07, Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (VNLTO), BFH/NV 2009, 682.
[5] BMF v. 2.1.2014, IV D 2 –S 7300/12/1002 :001, BStBl I 2014, 119.
[6] EuGH v. 12.2.2009, C-515/07, Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (VNLTO), BFH/NV 2009, 682...

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