Rz. 31

Für den Bereich der USt gibt es neben der Regelung des § 17 UStG weitere Bestimmungen, die als Rechtsgrundlage für Berichtigungen in Betracht kommen. Insbesondere kommen die Vorsteuerabzugsberichtigung nach § 15a UStG und eine Reihe von Änderungsvorschriften der AO in Betracht.

4.2.1 Vorsteuerabzugsberichtigung

 

Rz. 32

§ 15a Abs. 1 UStG sieht eine regelmäßig zeitanteilige Berichtigung eines zutreffenden und zutreffend bleibenden Vorsteuerabzugs für den Fall vor, dass sich in einem Kj. nach der erstmaligen Verwendung eines Wirtschaftsguts die für den Vorsteuerabzug im Jahr der erstmaligen Verwendung maßgebenden Verhältnisse (tatsächliche Verwendung, Rechtsänderung) verändern. Erfolgt dieses innerhalb des sog. Berichtigungszeitraums von fünf bzw. zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 S. 2 UStG), so ist der Vorsteuerabzug für jedes Jahr der Veränderung entsprechend anteilig zu berichtigen. Auch wenn der BFH § 15a UStG für die folgenden Jahre dann anwendet[1], wenn der unzutreffende Vorsteuerabzug im Erstjahr aus irgendeinem Grund nicht mehr änderbar ist (Bestandskraft, Ablauf der Festsetzungsfrist), enthält die Vorschrift keine eigentliche Änderungsgrundlage. Sie passt lediglich materiell-rechtlich das Schicksal der Vorsteuer jeweils für ein Jahr und den Jahresanteil an die für diesen Zeitraum richtige Beurteilung der Grundlagen des Vorsteuerabzugs an. Dennoch hat der BFH § 15a UStG auch als Korrekturvorschrift angewendet, weil aus verfahrensrechtlichen Gründen (§§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 2 AO) ein materiell-rechtlich unzutreffender Vorsteuerabzug sonst nicht mehr entzogen werden konnte.[2]

 

Rz. 33

Demgegenüber greift § 17 UStG, wenn sich die Grundlagen des Vorsteuerabzugs für das Erstjahr etwa durch Änderung der Bemessungsgrundlage für den Eingangsumsatz ändern (z. B. durch Entgeltminderung für einen angeschafften Gegenstand). In diesem Fall ändert sich der Vorsteuerabzug des Wirtschaftsguts und damit die Ausgangsgröße für § 15a UStG. Zutreffend weist Pull[3] darauf hin, dass die zwischenzeitlich bereits durchgeführten Vorsteuerabzugs-Berichtigungen nicht durch Änderung der Bescheide für die einzelnen Jahre, sondern gem. § 17 Abs. 1 S. 8 UStG gemeinsam im Voranmeldungszeitraum der Veränderung des Vorsteuerbetrags durchzuführen sind.[4]

 

Rz. 34

Stellt sich jedoch heraus, dass bei der Steuerfestsetzung der Vorsteuerabzug in unzutreffender Höhe oder sonst unzutreffend vorgenommen worden ist, so ist § 17 UStG nicht einschlägig. Änderungen können in diesen Fällen ausschließlich nach den Vorschriften der AO durchgeführt werden (Rz. 35, Rz. 36).

[3] Pull, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17 UStG (02/2022) Rz. 24.

4.2.2 Änderungsvorschriften der AO

 

Rz. 35

Die Anwendungsbereiche der Änderungsvorschriften der AO und des § 17 UStG unterscheiden sich grundsätzlich. Die punktuellen Berichtigungsgrundlagen der AO (§§ 129, 172ff. AO), die die bereits ursprünglich unzutreffende Steuerfestsetzung betreffen, sind von der Änderungsgrundlage des § 17 UStG für materiell-rechtlich nachträglich unrichtig werdende Steuerfestsetzungen zu unterscheiden. Anders als in den Fällen der Berichtigung nach der AO ist die Änderung nach § 17 UStG auch nicht im Ansatz eine Durchbrechung der Bestandskraft, sondern berücksichtigt materielle Änderungen in der laufenden Festsetzung.[1] Die beiden Bereiche stehen in keiner Konkurrenzsituation. Für den Übergang vom Eigenverbrauch zum Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 1a UStG enthält § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG einen sinngemäßen Anwendungsfall zu § 17 Abs. 1 UStG. Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage innerhalb eines Voranmeldungszeitraums, die zunächst in der Voranmeldung übersehen worden ist, kann § 17 UStG keine Anwendung finden. Hier muss eine Korrektur nach den Änderungsvorschriften der AO stattfinden, wenn eine Lösung nicht über § 10 UStG gefunden werden kann.

 

Rz. 36

Demgegenüber räumt § 164 Abs. 2 S. 1 AO eine sachlich unbeschränkte Änderungsmöglichkeit ein, die grundsätzlich auch für den Fall späterer Veränderungen der Bemessungsgrundlagen gilt. Außerhalb dieses Bereichs ist § 164 Abs. 2 AO für die Berichtigungen ursprünglich unzutreffender Steuerfestsetzungen wie die unter Rz. 33 genannten Änderungsvorschriften außer Konkurrenz zu § 17 UStG. Soweit § 164 Abs. 2 AO den Fall späterer Veränderungen der Bemessungsgrundlage erfassen würde, tritt die Vorschrift in Konkurrenz zu § 17 UStG.[2] § 164 Abs. 2 geht dabei sogar dem § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO für die Fälle vor, in denen ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung eintritt. Gegenüber diesen insoweit konkurrierenden Vorschriften der AO ist § 17 Abs. 1 S. 7 UStG eine Sondervorschrift. Das bedeutet auch, dass die für die Berichtigung nach §§ 164 Abs. 2, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO maßgebende Festsetzungsfrist nicht gilt. Durch die Berichtigung nach § 17 UStG wird die ursprüngliche Steuerfestsetzung nicht berührt.[3] Vielmehr bilden die die Berichtigung nach § 17 UStG enthaltenden Steuer...

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