Rz. 1

§ 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG regelt eine Steuerermäßigung, für die der deutsche Gesetzgeber bislang von der Übergangsregelung nach Art. 370 i. V. m. Anh. X Teil A Nr. 1 MwStSystRL Gebrauch macht. Danach dürfen die Mitgliedstaaten die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL eigentlich – ohne Vorsteuerabzug – von der USt zu befreienden

  • Dienstleistungen, die Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die
  • Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker

für eine Übergangszeit weiterhin besteuern. Die Besteuerung der Prothetikumsätze in Deutschland (in den anderen Mitgliedstaaten, mit Ausnahme Belgiens, sind diese Umsätze stfrei) hat Haushaltsgründe. Eine Steuerbefreiung ist bisher wegen der damit verbundenen Steuerausfälle abgelehnt worden.

 

Rz. 2

Die Steuerermäßigung selbst beruht auf Art. 98 i. V. m. Anh. III Nr. 17 MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten u. a. zahnärztliche Leistungen, soweit sie nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL steuerbefreit sind, einem ermäßigten Steuersatz von mindestens 5 % unterwerfen.

 

Rz. 3

Die Vorschrift bezweckt einerseits, die Zahntechniker, die bis zum 31.12.1979 mit ihren prothetischen Umsätzen noch dem allgemeinen Steuersatz unterlagen[1], den Zahnärzten gleichzustellen, soweit diese im Rahmen ihres Unternehmens (z. B. in praxiseigenen Labors) Zahnprothesen und kieferorthopädische Apparate herstellen oder wiederherstellen und mit diesen Umsätzen bereits nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1980 der Steuerermäßigung unterlagen. Bei Zahnärzten und Zahntechnikern sollen umsatzsteuerrechtlich gleiche Bedingungen bestehen, wenn sie Waren der Zahnprothetik liefern. Die Steuerermäßigung dient andererseits der Kostendämpfung im zahnärztlichen Gesundheitsbereich.

 

Rz. 4

Nach der Entscheidung des EuGH v. 7.12.2006[2] eröffnet ein zahntechnischer Umsatz, der nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL stfrei ist, ungeachtet der im Bestimmungsmitgliedstaat anwendbaren Mehrwertsteuerregelung kein Recht auf Vorsteuerabzug, selbst wenn es sich bei dem Umsatz um einen innergemeinschaftlichen Umsatz (z. B. innergemeinschaftliche Lieferung) handelt. Der EuGH hat nicht gelten lassen, dass in Fällen wie denen des Ausgangsfalls Abnehmer von Zahnersatz in Deutschland (z. B. Dentisten oder Zahnärzte, die den eingekauften Zahnersatz für ihre eigenen Leistungen weiter verwenden) bei Bezügen aus einem anderen Mitgliedstaat (im Ausgangsfall war dies Luxemburg) im Vergleich zu Käufen von einem inländischen Lieferanten schlechter gestellt werden.

 

Rz. 5

Nach EuGH v. 14.12.2006[3] gilt die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL nur für Lieferungen von Zahnärzten und Zahntechnikern. Wie die meisten der in Art. 132 Abs. 1 MwStSytRL enthaltenen Steuerbefreiungen ist die Steuerbefreiung für die Lieferungen von Zahnersatz nicht nur nach der Art der gelieferten Gegenstände, sondern auch nach der Eigenschaft des Lieferanten definiert. Die Steuerbefreiung setzt nach dem EuGH-Urteil somit voraus, dass die Lieferungen von Angehörigen zweier bestimmter Berufsgruppen erbracht werden, und zwar von Zahnärzten und von Zahntechnikern. Daher können Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler, der kein Zahnarzt oder Zahntechniker ist, nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Dieser Grundsatz ist auf stpfl. Lieferungen von Zahnersatz übertragbar. Insoweit ist § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG jedoch – jedenfalls was Leistungen von Zahntechnikern betrifft – unionsrechtskonform, weil die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (wie das Unionsrecht für die Steuerbefreiung) an die Tätigkeit als Zahntechniker anknüpft. Was die "Leistungen der Zahnärzte" i. S. d. Vorschrift angeht, kommt die Steuerermäßigung – bei unionsrechtskonformer Auslegung – ebenfalls nur unter der Bedingung in Betracht, dass der Leistende ein Zahnarzt ist.

[1] Vgl. FG Münster v. 25.5.1988, V 1847/85, EFG 1989, 85.
[2] EuGH v. 7.12.2006, C-240/05, Eurodental, BFH/NV Beilage 2007, 204.
[3] EuGH v. 14.12.2006, C-401/05, VDP Dental Laboratory, BFH/NV Beilage 2007, 212.

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