Rz. 384

Zur Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen sowie zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Zahlungen im Zusammenhang mit der Abgabe von Saatgut vertritt die Verwaltung folgende Auffassung, die in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden sei[1]:

 

Rz. 385

1. Bei der Abgabe von Vorstufen- oder Basis-Saatgut (sog. "technisches Saatgut") im Rahmen von sog. Vermehrerverträgen erfolgt die Verschaffung der Verfügungsmacht mit schuldrechtlichen Einschränkungen. Das Saatgut wird dabei zum Zweck der Vermehrung durch Anbau sowie ggf. vorherige Aufbereitung übergeben, eine Weitergabe oder Vermarktung ist hingegen untersagt. Die Verfügungsmacht an dem durch Vermehrung neu gewonnenen Saatgut wird vielmehr nach Anerkennung als sog. "zertifiziertes Saatgut" ("Z-Saatgut") wiederum dem Züchter oder einem Vertriebsorganisationsunternehmen ("VO-Unternehmen") verschafft, welche die anschließende Vermarktung selbst übernehmen. Sowohl die Abgabe des Basis-Saatguts zur Vermehrung als auch die Abgabe des zertifizierten Saatguts stellen in diesem Fall Lieferungen dar, die unter Nr. 19 der Anlage 2 des UStG fallen.

 

Rz. 386

2. Die Abgabe von zertifiziertem Saatgut durch Züchter oder Vertriebsorganisationsunternehmen z. B. an Landwirte zur Produktion von Konsumgetreide oder an Handelsunternehmen ist eine Lieferung, die unter Nr. 19 der Anlage 2 des UStG fällt. Eine spätere Verwendung des daraus gewonnenen Ernteguts zum Nachbau in Ausübung des sog. Landwirteprivilegs ist für diese Beurteilung unbeachtlich.

 

Rz. 387

3. Erfolgt die Aufbereitung von technischem Saatgut (Basis- oder Vorstufensaatgut) zum Zwecke der anschließenden Vermehrung durch Reinigen, Beizen, Sortieren und dgl. weder im Rahmen eines Vertriebsorganisationsvertrags (sog. "VO-Vertrag") noch im Rahmen eines Vermehrervertrags durch die damit beauftragten Unternehmer selbst, sondern durch einen dritten Unternehmer, erbringt der dritte Unternehmer mit der Aufbereitung eine sonstige Leistung, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt.

 

Rz. 388

4. Zahlungen, die z. B. von sog. Vertriebsorganisationsunternehmen ("VO-Unternehmen") für die Überlassung von Vorstufen- oder Basissaatgut im Rahmen von sog. VO-Verträgen, d. h. zum Zweck der Produktion und des Vertriebs des daraus herzustellenden zertifizierten Saatguts, an den Inhaber des Sortenschutzes geleistet werden (sog. Züchteranteile, Z-Lizenzen), sind insgesamt Entgelt ("Lizenzgebühren") für eine sonstige Leistung des Sortenschutzinhabers, welche in der Überlassung des Rechts, eine Saatgutsorte zu produzieren und zu vermarkten und der Überlassung des hierzu erforderlichen Saatguts besteht. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung wird dies als einheitliche sonstige Leistung angesehen, die insgesamt dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Die Abgabe des an sich begünstigten Saatguts geht nach Auffassung der Verwaltung in der nicht begünstigten Gesamtleistung unter.

 

Rz. 389

5. Nachbaugebühren i. S. d. § 10a Abs. 2ff. des Sortenschutzgesetzes, die ein Landwirt dem Inhaber des Sortenschutzes zu erstatten hat, werden als Entgelt für eine sonstige Leistung des Sortenschutzinhabers gezahlt, welche in der Duldung des Nachbaus durch den Landwirt besteht. Durch die gesetzliche Anordnung der Duldungsleistung (sog. Landwirteprivileg) wird deren Steuerbarkeit nicht berührt.[2] Die Duldungsleistung unterliegt dem allgemeinen Steuersatz.

 

Rz. 390

Zur Anwendung des zutreffenden Steuersatzes bei der Lieferung von Saatgut unter gleichzeitiger Einsaat in den Ackerboden s. Rz. 332f.!

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