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Im September 2017 kam ein vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenes Klimaschutzgutachten zu dem Ergebnis, dass der große Fleischkonsum in Deutschland, der die hohen Tierbestände fördert, wegen der damit verbundenen Ausdünstungen und Fäkalien für das Klima schädlich sei. Das Umweltbundesamt schlug deshalb vor, den ermäßigten Steuersatz für Fleisch, Wurst und Milchprodukte abzuschaffen und diese Waren stattdessen dem allgemeinen Steuersatz von 19 % zu unterwerfen. Dies würde zu USt-Mehreinnahmen von 5,2 Mrd. EUR jährlich führen. Diese Mittel könnten verwendet werden, um klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen wie z. B. Obst und Gemüse sowie öffentliche Verkehrsmittel durch Anwendung eines weiteren ermäßigten USt-Satzes von 4 % billiger zu machen. Dieser Vorschlag stieß allerdings auf eine breite Ablehnung sowohl in der Politik als auch bei den Interessenverbänden (z. B. Fleischerverband, Bauernverband, Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie). Greenpeace fordert bereits seit langer Zeit eine höhere USt für Fleisch und befürwortete dementsprechend den Vorschlag des Umweltbundesamtes. Der Bundesverband Naturkost, Naturwaren forderte, nur noch Bio-Produkte ermäßigt zu besteuern. Der Bund für vegane Lebensweise will alle tierischen Lebensmittel dem allgemeinen Steuersatz unterwerfen.

Im Jahr 2019 stellten Agrarpolitiker von CDU/CSU, SPD und Grünen erneut Überlegungen an, Fleischprodukte sowohl aus Klimaschutzerwägungen als auch aus Tierschutzgründen aus dem Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes herauszunehmen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium lehnte den Vorschlag ab und verwies darauf, dass die Verbraucher für ihre Essgewohnheiten selbst verantwortlich seien. Das Steuerrecht sei hier zur Lenkung nicht berufen. Auch das Bundesumweltministerium sah die Umsatzsteuer als untaugliches Lenkungsmittel an. Aber auch aus steuerfachlicher Sicht wurde insbesondere wegen zahlreicher neuer Abgrenzungsschwierigkeiten die punktuelle Änderung des Steuersatzes für Fleisch und Fleischprodukte als der falsche Weg angesehen.[1] Das Bundesumweltamt hatte im Oktober 2021 erneut eine Studie zum Abbau von umweltschädlichen Subventionen vorgelegt. Darin wird u. a. vorgeschlagen, den USt-Satz für tierische Produkte, insbesondere Fleisch und Butter, abzuschaffen. Dies solle zu einem Steuermehraufkommen von 5,2 Mrd. EUR führen.

In ihrer Vorbemerkung der Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion[2] weist die Bundesregierung darauf hin, dass Petitionen eine Erhöhung des USt-Satzes u. a. für Tiernahrung, tierische Produkte wie Fleisch und Milch, nicht sozial und klimafreundlich produzierte Textilien sowie Zucker und Kerosin gefordert haben. Weder die Bundesregierung noch die gesetzgebenden Körperschaften haben allerdings bislang Initiativen zur Abschaffung der Steuerermäßigung für Fleisch, Wurst, Milchprodukte oder andere Erzeugnisse entwickelt.

[1] Fietz, NWB 35/2019, 2537.
[2] Antwort der Bundesregierung v. 15.7.2022 auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, BT-Drs. 20/2833; siehe hierzu Widmann, UR 2022, 681.

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