Rz. 539

In den Fällen des § 10 Abs. 5 UStG ist die entsprechende Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 UStG anzuwenden, wenn diese das Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG übersteigt und auch das marktübliche Entgelt nicht erreicht wird.[1] Ein höheres Entgelt wird dagegen ohne Korrektur zugrunde gelegt.

 

Rz. 539a

Eine Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage auf die Fälle des Tauschs und der tauschähnlichen Umsätze nach § 10 Abs. 2 UStG ist umstritten, da der Wortlaut der Vorschrift einen Vergleich nur des Entgelts aus § 10 Abs. 1 UStG mit der aus § 10 Abs. 4 UStG zu entnehmenden Bemessungsgrundlage zieht. Während die Finanzverwaltung die Frage der Übertragbarkeit anscheinend ohne weitere Erörterungen bejaht, wird im Schrifttum[2] teilweise eine andere Auffassung vertreten. Die geringfügige, fehlende Abstimmung in den Absätzen des § 10 UStG sollte nicht überbewertet werden, sodass die Mindestbemessungsgrundlage auch beim Tausch und tauschähnlichen Umsätzen dem Grunde nach anwendbar ist. Voraussetzung ist dabei jedoch wieder die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung bzw. die Berechtigung zum Vorsteuerabzug i. S. d. Voraussetzungen nach Art. 80 MwStSystRL.

 

Rz. 539b

Die Besteuerung nach dem Wert der Gegenleistung bei Tausch und tauschähnlichem Umsatz und das entsprechende Verfahren bei der Übertragung der Rechte an einem Pfandschein und bei Hingabe an Zahlungs statt treten nur mangels eines Ausdrucks des Entgelts in Zahlungsmitteln als Besonderheit auf. Sie bedeuten aber wie die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG eine solche nach der Gegenleistung, die ebenfalls bei weiter Auslegung als Entgelt angesehen werden kann. Es besteht kein vernünftiger Grund, wegen der unvollkommenen Verweisung auf § 10 Abs. 1 UStG in den Fällen des § 10 Abs. 5 UStG trotz einer entsprechenden Situation in einem Näheverhältnis mit unangemessen niedriger Gegenleistung eine Lücke in der Belastung des Endverbrauchs entstehen zu lassen, zumal unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 80 MwStSystRL die Steuerbemessungsgrundlage an den "Normalwert" angepasst werden kann, ohne dass die Gegenleistung als solche dort auf eine in Geld bestehende Gegenleistung beschränkt ist. Eine von der Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG dem Grunde nach separat zu beantwortende Frage ist, ob es der Höhe nach bei einem Tausch oder tauschähnlichen Umsatz im Ergebnis zu einer Anwendung der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 10 Abs. 4 UStG kommen kann. Zumindest in den Fällen, in denen (z. B. bei Leistungen gegenüber dem Personal) auf Sachbezugswerte zurückgegriffen wird, um die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 2 S. 2 UStG zu ermitteln, wird es nicht zur Anwendung der Regelung zur Mindestbemessungsgrundlage kommen können.[3] In anderen Fällen wird aber schon eine Gefahr einer Steuerumgehung bestehen.

 
Praxis-Beispiel

Autohändler A verkauft einem Familienmitglied ein Neufahrzeug (Einkaufspreis 35.000 EUR, Verkaufspreis 40.000 EUR – jeweils ohne USt) und nimmt dafür das gebrauchte Fahrzeug des Käufers in Zahlung (Verkehrswert 30.000 EUR). A und der Käufer einigen sich kaufvertraglich auf einen Kaufpreis i. H. v. 30.000 EUR. Eine Zuzahlung leistet der Käufer nicht.

Es liegt ein Tausch nach § 3 Abs. 12 S. 1 UStG vor, die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 2 S. 2 UStG mit dem Wert der erhaltenen Gegenleistung. Würde hier aus systematischen Gründen eine Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage (mindestens wäre die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG von 35.000 EUR anzuwenden) auszuschließen sein, würde eine entsprechende Besteuerungslücke vorliegen.

[2] Vgl. z. B. Slapio, in Birkenfeld/Wäger, UStG, § 10 Abs. 5 UStG Rz. 49 mit weiteren Verweisen.
[3] Vgl. zur Frage der Mindestbemessungsgrundlage bei Anwendung der 1 %-Regelung FinMin Mecklenburg-Vorpommern v. 31.1.2023, S 7109 – 00000-2018/001, UR 2023, 543.

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