Leitsatz

Sind Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG strittig, ist eine Teil-Einspruchsentscheidung nicht sachlich, wenn sich der Rechtsstreit durch Berücksichtigung der vor dem Jahr 1999 entstandenen Unterentnahmen erledigen würde.

 

Sachverhalt

Die Besteuerungsgrundlagen der Antragstellerin werden gesondert und einheitlich festgestellt. In einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) war über die Hinzurechnung von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG wegen Überentnahmen zu befinden. Die Antragstellerin war insbesondere der Auffassung, dass AdV schon deshalb zu gewähren sei, weil aus den Jahren vor 1999 weit höhere Unterentnahmen zur Verrechnung bereit stünden. Es sei ernstlich zweifelhaft, ob § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG, der diese Verrechnung verbiete, verfassungsgemäß sei. Das Finanzamt hat die beantragte AdV abgelehnt.

 

Entscheidung

Das FG hat die Vollziehung der Feststellungsbescheide in dem beantragten Umfang angeordnet, weil es den Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung nicht für sachdienlich hielt. Sachdienlichkeit ist insbesondere gegeben, wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist, während über einen anderen Teil des Einspruchs z. B. deshalb nicht entschieden werden kann, weil insoweit die Voraussetzungen für eine Zwangsruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO vorliegen.

Vorliegend konnte über die Berücksichtigungsfähigkeit des zum 1.1.1999 bestehenden Unterentnahmesaldos bei der Frage, ob in späteren Jahren Überentnahmen vorliegen, im Einspruchsverfahren nicht entschieden werden, weil insoweit die Voraussetzungen einer Verfahrensruhe wegen der Revisionsverfahren X R 30/06 und VIII R 42/07 vorlagen. Der Entscheidungsreife der übrigen Teile des Einspruchs stand entgegen, dass diese ausschließlich die Höhe der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähigen Schuldzinsen betreffen, und sich erledigen, wenn der zum 1.1.1999 bestehende Unterentnahmensaldo Berücksichtigung findet.

 

Hinweis

Die Vorschrift des § 367 Abs. 2a AO, die der Finanzbehörde die Möglichkeit eröffnet, über Teile des Einspruchs vorab zu entscheiden, wurde durch das JStG 2007 in die AO eingefügt. Die Regelung soll sowohl im Interesse des Rechtsschutz begehrenden Einspruchsführers als auch im Allgemeininteresse zur Verfahrensbeschleunigung beitragen, indem sie eine verbindliche Entscheidung über bereits entscheidungsreife Teile eines Einspruchsbegehrens zulässt. Die Sachdienlichkeit einer Teil-Einspruchsentscheidung kann von den Finanzgerichten grundsätzlich in vollem Umfang überprüft werden.

Vor diesem Hintergrund ist der Auffassung des FG beizupflichten, dass es nicht sachdienlich sein kann, Fragen zu entscheiden, die gänzlich leer laufen würden, wenn die Musterprozesse beim BFH im Sinne der Antragstellerin entschieden werden. Das Finanzamt hat die vom FG zugelassene Beschwerde eingelegt (Az. IV B 88/09). Es bleibt daher abzuwarten, wie der BFH die Sache sieht.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2009, 11 V 1839/09 A (F)

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