rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückhalten und Ausüben des lebenslangen Wohnrechts an einem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstück keine Entnahme des Betriebsübergebers

 

Leitsatz (redaktionell)

Behält der Inhaber bei Überlassung des Betriebs das lebenslange Wohnungsrecht an einem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstück vor und das dinglich gesicherte Recht, den Überlassungsgegenstand unter bestimmten Voraussetzungen zurückzufordern, so liegt weder in der Einräumung des Wohnungsrechts noch in der Ausübung eine Entnahme, wenn die statistische Lebenserwartung des Berechtigten wesentlich geringer ist als die Restnutzungsdauer des Gebäudes und wenn dem Eigentümer die Wertsteigerungen zustehen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl.) betrieb das Hotel „A“. Mit notariellem Vertrag vom 22. Oktober 1994 übertrug er das Einzelunternehmen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge als Ganzes teilentgeltlich auf seinen ältesten Sohn. Zum Betriebsvermögen gehörte u. a. das mit einem Wohnhaus (Fertigstellung 1989) bebaute Grundstück „B“. An diesem Grundstück behielt sich der Kl. gemäß § 11 des Überlassungsvertrages das lebenslängliche unentgeltliche Wohnungsrecht vor. Er ist außerdem berechtigt, den Überlassungsgegenstand zurückzufordern u. a. in dem Fall, dass der Erwerber den Betrieb ganz oder teilweise ohne seine Zustimmung veräußert. Zur Sicherung des Rückforderungsrechts wurde eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den Überlassungsvertrag Bezug genommen. Seit dem 1. November 1994 nutzte der Kl. das Grundstück als private Wohnung. Das Wohnungsrecht wurde später im Grundbuch wieder gelöscht.

Nach einer 1997 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, das Grundstück „B“ sei vom Kl. aus dem Betriebsvermögen entnommen worden (Bericht über die Außenprüfung vom 12. Mai 1998). Es errechnete nach dem vom Bausachverständigen des FA ermittelten Verkehrswert von 880.000 DM einen Entnahmegewinn, den es der Besteuerung nach § 34 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterwarf (geänderter Einkommensteuer-ESt-Bescheid für 1994 vom 20. Oktober 1998). Mit dem dagegen eingelegten Einspruch machte der Kl. geltend, er habe das Grundstück nicht entnommen. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 1998).

Am 28. Januar 1999 hat der Kl. dagegen Klage erhoben. Er behauptet, das Wohnungsrecht sei irrtümlich vereinbart worden. Es habe nicht dem tatsächlichen Willen der Beteiligten entsprochen und sei deshalb später rückgängig gemacht worden. „B“ werde auch nach der Übertragung betrieblich genutzt, z. B. als Unterkunft für Praktikanten und - während der häufig längeren Abwesenheitszeiten des Kl. - auch als Unterkunft für Hotelgäste. Es diene zudem im Rahmen der Gesamthaft zur Sicherung von Betriebsmittelkrediten, da für das gesamte Hotelgrundstück nur ein Grundbuchblatt angelegt sei. Das Grundstück sei auch baulich vom Hotel nicht abgegrenzt, so dass eine Entnahme zu privaten Zwekken tatsächlich nicht möglich sei. Er meint, es liege keine zwangsweise Entnahme vor. Trotz seiner starken Rechtsposition (dinglich gesichertes Wohnungs- und Rückforderungsrecht) sei er nicht als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Die Eintragung des Nutzungsrechts im Grundbuch habe nur zu einer vorübergehenden Nutzungsänderung geführt. Das Grundstück sei danach gewillkürtes Betriebsvermögen. Es sei auch stets als Betriebsvermögen bilanziert worden. Darin komme zum Ausdruck, dass es dem Betrieb dienen sollte. Ein Entnahmewille habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Das zeige auch die Löschung des Wohnungsrechts.

Am 29. Juni 2000 ist ein geänderter ESt-Bescheid für 1994 ergangen, der keine Belehrung nach § 68 Satz 3 FGO a. F. enthielt. Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2001 hat der Kl. beantragt, diesen Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

wie erkannt.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Weder zum notwendigen noch zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörten solche Wirtschaftsgüter, die der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen dienen (notwendiges Privatvermögen). Bei Grundstücken sei dies der Fall, wenn das Gebäude vom Steuerpflichtigen oder einem Angehörigen bewohnt werde. Der Kl. habe das Gebäude aufgrund eigenen Rechts zu Wohnzwecken genutzt. Dabei sei nur auf die zum Zeitpunkt der Betriebsübergabe getroffenen Vereinbarungen abzustellen. Eine Entnahme könne nicht rückgängig gemacht werden. Auf die spätere Löschung des Wohnungsrechts komme es deshalb nicht an. Unerheblich sei auch, ob das Grundstück teilweise zu betrieblichen Zwecken genutzt werde und ob es für Betriebsmittelkredite mithafte.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtswidrig und verletzen den Kl. in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Der Kl. hat keinen Entnahmegewinn zu ...

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