Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzleitung bei positiver Vertragsverletzung des Arbeitsverhältnisses als Arbeitslohn

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.09.1996; Aktenzeichen VI R 57/95)

 

Tenor

Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.

 

Tatbestand

In dem Rechtsstreit geht es darum, ob Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers als Arbeitslohn der Besteuerung unterliegen.

Die Kläger (Kl.) werden zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr 1988 u. a. als Kaufmann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn … DM). Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) setzte mit endgültigem Bescheid vom 8. Mai 1990 die ESt für 1988 auf 292.826 DM bestandskräftig fest.

Anläßlich einer bei dem Arbeitgeber des Kl. durchgeführten Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung wurde dem FA folgender Sachverhalt nachträglich bekannt:

Der Arbeitgeber hatte u. a. für den Kl. einen Direktversicherungsvertrag i. S. des § 40 b Einkommensteuergesetz (EStG) abgeschlossen. Die jährlichen Beitragsleistungen von jeweils 2.300 DM sind aus Barlohnkürzungen erbracht worden (Barlohnumwandlung). Die Versteuerung erfolgte durch den Arbeitgeber gemäß § 40 b EStG pauschaliert mit 10 % LSt und davon 6 % Lohnkirchensteuer. Durch einen Irrtum des Arbeitgebers wurden die Direktversicherungsbeiträge in den Kalenderjahren 1981 bis 1986 jeweils als Nettolohn verbucht und dadurch neben der Pauschalversteuerung zusätzlich noch in die individuelle Versteuerung des Arbeitslohnes des Kl. einbezogen. Hierzu heißt es in einer Aktennotiz des Arbeitgebers vom 22. Juni 1988: „Durch einen Irrtum des Arbeitgebers sind die Herren … und … geschädigt worden, da in den sechs Jahren von 1981 bis 1986 die jährliche Prämie für die Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von DM 2.300,– pro Jahr und Person nicht nur der Pauschalversteuerung von 10 % + 6 % Kirchensteuer unterworfen, sondern darüber hinaus irrtümlich auch nochmals lohnversteuert wurde. Lt. Aussage von … gibt es keine Aussicht, den Irrtum über das Finanzamt zu korrigieren. Deshalb machen … und … folgenden Schadensersatzanspruch gegen … GmbH geltend: Zuviel gezahlte Lohn/Einkommensteuer von 56 % zzgl. 3,5 % Kirchensteuer auf den Prämienbetrag von DM 2.300,– pro Jahr und Person = DM 13.800,– Prämie pro Person, davon 59,5 % = … Schaden … DM 8.211,–”.

Die Schadensersatzleistung von 8.211 DM unterwarf der Arbeitgeber nicht dem LSt-Abzug. Das FA beurteilte diese Leistung des Arbeitgebers als Arbeitslohn i. S. von § 19 EStG und setzte die ESt in dem gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid vom 24. September 1991 auf … herauf.

Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch beantragten die Kl., die strittige Zahlung nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Zur Begründung trugen sie im wesentlichen vor:

Die Zahlung sei eine Ersatzleistung im privatrechtlichen Vermögensbereich, die nicht Arbeitslohn i. S. des § 19 EStG sei. Sie sei nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen von Arbeitskraft geleistet worden. Die Zahlung sei vielmehr deshalb erforderlich geworden, weil der Arbeitgeber den Steuerabzug fehlerhaft zu Ungunsten des Kl. vorgenommen habe. Wenn der Arbeitgeber aber deshalb den entstandenen Schaden ersetze, so handele es sich nicht um eine Leistung i. S. von § 19 EStG, sondern betreffe die Vorschrift des § 38 Abs. 3 EStG, wonach der Arbeitgeber die LSt für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten habe. Aus dieser Vorschrift könne aber eine Steuerpflicht der strittigen Zahlungen nicht abgeleitet werden.

Der Arbeitgeber habe irrtümlich für eine Direkt-Lebensversicherung die jährliche Prämie sowohl der Pauschalbesteuerung als auch der LSt-Normalbesteuerung unterworfen, also eine Doppelversteuerung vorgenommen. Hierfür sei auch kein Ausgleich über die ESt-Jahresveranlagungen erfolgt, weil der Arbeitgeber auf den LSt-Karten der betreffenden Jahre die Bruttoarbeitslöhne ebenfalls um jeweils 2.300 DM zu hoch angegeben gehabt habe.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück und führte in der Entscheidung vom 12. Dezember 1991 im wesentlichen aus:

Der weite Arbeitslohnbegriff im Steuerrecht umfasse auch Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers zum Ersatz eines Schadens im Privatvermögen des Arbeitnehmers, wenn die Ersatzleistungen ihre Grundlage im Dienstverhältnis hätten. Nach § 2 Abs. 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) sei Arbeitslohn auch ohne Bestehen einer Rechtspflicht zur Zahlung anzunehmen. Danach handele es sich bei der hier strittigen Zahlung steuerrechtlich um Arbeitslohn. Die Zahlung stehe in tatsächlicher Hinsicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Kl.. Denn zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitgebers gehöre auch, daß er den Steuerabzug vom Arbeitslohn in zutreffender Höhe vornehme. Wenn er dabei fehlerhaft verfahre und dem Arbeitnehmer dadurch ein Vermögensschaden entstehe, so habe eine entsprechende S...

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