Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Nebenberuflichkeit einer Tätigkeit als "Lehrarzt"

 

Leitsatz (amtlich)

Vergütungen für eine Tätigkeit als sog. „Lehrarzt“ sind nicht nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 26

 

Tatbestand

Die Kläger streiten über eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Beide Kläger erzielen als Ärzte im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.

In den Streitjahren 2014 und 2015 nahmen die Kläger als so genannte Lehrärzte an der praktischen Ausbildung von Studierenden der Medizin teil. Grundlage hierfür ist eine zwischen der Universität A und der Gemeinschaftspraxis der Kläger abgeschlossene Vereinbarung vom 11./23. Februar 2013. Danach weist die Universität den Lehrärzten Studierende zu, deren Anzahl in Absprache festgelegt wird. Die Universität beauftragt die Lehrärzte mit der Wahrnehmung von Lehraufgaben nach den Grundsätzen, die für die Erteilung eines Lehrauftrages unter Berücksichtigung der Approbationsordnung gelten.

Die Gemeinschaftspraxis erhielt in den Streitjahren für diese Tätigkeit 6.000,00 € (2014) bzw. 4.000,00 € (2015). Die Kläger begehrten für 2014 in Höhe von 4.800,00 € (2 x 2.400,00 €) bzw. für 2015 in voller Höhe die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26 EStG.

In den geänderten ESt-Bescheiden 2014 und 2015 vom 8. März 2016 bzw. 10. August 2017 erkannte das Finanzamt diese Steuerbefreiung nicht (2014) bzw. nur bei dem Ehemann in Höhe von 2.000,00 € (2015) an.

Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 18. August 2017 als unbegründet zurück:

Im hier strittigen Fall liege keine pädagogische Ausbildertätigkeit vor. Gemäß der Vereinbarung vom 23. März 2013 (gemeint wohl: Februar) sei Gegenstand des Vertrages die praktische Ausbildung von Studierenden. Die Tätigkeit sei auch beschränkt auf den Kreis des Ausbildungskonzepts „Praktisches Jahr der Sektion Medizin der Universität“. Es handele sich dabei um die praktische Tätigkeit als Lehrarzt, die in direktem Kontakt zur Tätigkeit des Arztes stehe und die medizinischen Maßnahmen bei der Patientenbehandlung betreffe. Es liege auch keine abgrenzbare Tätigkeit als Ausbilder vor. Die „Unterrichtung“ von Studierenden erfolge während der normalen Tätigkeit als Arzt und in den entsprechenden Räumlichkeiten. Die zeitliche Komponente werde von den Klägern nur als gering eingestuft. Nach den Angaben im Schreiben vom 24. November 2016 habe sich - außer im Monat August - jeweils ein Studierender am Montag, Dienstag und Donnerstag ganztägig und am Freitag halbtags in der Praxis befunden. Ausgenommen seien Hausbesuche in der Mittagszeit und abends nach der Sprechstunde (also nur Tätigkeiten des Lehrarztes im privaten Bereich der Patienten). Die Tätigkeit als Lehrarzt befasse sich hier mit der praktischen Umsetzung des bisher theoretischen Wissens in die Praxis. Diese Ausbildertätigkeit falle nicht unter die begünstigten Tätigkeiten im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG. Eine Lehrtätigkeit im Zusammenhang mit einer beruflichen Ausbildung im herkömmlichen Sinne sei nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kläger Folgendes ausführen:

Die Beantwortung der Subventionsfähigkeit durch § 3 Nr. 26 EStG, d.h. der Sinn und Zweck dieses Paragraphen, sei entscheidend für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen im vorliegenden Sachverhalt. Die entscheidenden Kriterien für die Definition der steuerfreien Einnahmen seien durch folgende Begriffspaare bestimmt:

  • Einnahmen aus der Ausbildertätigkeit zum Zwecke der Ausbildung,
  • Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten.

Die streitigen Kriterien seien Ausbildungstätigkeit und nebenberufliche Tätigkeit. Die Auslegung bzw. Ausprägung der oben genannten Kriterien sei anhand des Gesetzes und hier durch Auslegung von Sinn und Zweck des Gesetzes und von der Beabsichtigung des Gesetzgebers, welche Tätigkeiten hier gefördert werden sollten, bestimmt. Im vorliegenden Fall solle tatbestandsrechtlich der Standort A gefördert werden, indem die Universität A durch die Sicherstellung der praktischen Ausbildung der PJ’ler, d.h. der Medizinstudenten, auch im Fortbestand gesichert werden könne und die praktische Ausbildung unter Hinzuziehung von niedergelassenen Ärzten umgesetzt werden könne. Zu diesem Zweck würden niedergelassene Ärzte in freier Praxis hinzugezogen, um die Ausbildungszwecke der Studierenden im Rahmen des Medizinstudiums zu erreichen. Zu diesem Zweck seien die Abgrenzungskriterien für die oben genannte Definition nach § 3 Nr. 26 EStG im Hinblick auf die Ausbildungstätigkeit der Ärzte in freier Praxis und im Hinblick auf die nebenberufliche Tätigkeit dieser Ausbildungstätigkeiten hin zu überprüfen. Bei einer Ausbildertätigkeit müsse es sich weder um eine theoretische Lehrtätigkeit, noch um eine pädagogische Lehrtätigkeit handeln. Die Ausbildung von PJ’lern soll die Berufsausbildung der Studierenden ergä...

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