Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einkommensteuerschuld ist auch dann in voller Höhe Masseverbindlichkeit, wenn sie auf einheitlich und gesondert festgestellten Gewinnen einer ebenfalls in Insolvenz gegangenen OHG beruht und sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Gesellschafters entstanden ist.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 38; AO §§ 163, 222, 227

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.12.2014; Aktenzeichen X B 89/14)

BFH (Beschluss vom 18.12.2014; Aktenzeichen X B 89/14)

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte aus insolventen Personengesellschaften, an denen der Insolvenzschuldner beteiligt ist, zu den Masseverbindlichkeiten zu rechnen sind.

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn A. Über das Vermögen wurde im Dezember 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Herr A war an den Gesellschaften X A OHG und Y A OHG beteiligt. Über das Vermögen dieser Gesellschaften wurden im Mai 2009 jeweils ebenfalls Insolvenzverfahren eröffnet.

Für das Streitjahr 2010 gab der Antragsteller keine Einkommensteuererklärung ab. Er teilte dem Antragsgegner mit, er habe den Schuldner bereits aufgefordert, sein Einkommen zu erklären. Vermutlich bestreite der Schuldner seinen Lebensunterhalt mit geringfügigen Beschäftigungen. Der Antragsteller bat, eine Schätzung vorzunehmen.

Bei der Schätzung berücksichtigte der Antragsgegner den vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Bruttoarbeitslohn in Höhe von 22.716 € sowie geschätzte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 5.000 €. Daneben berücksichtigte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 vom 25. Juli 2012 für die Firma X A OHG in Höhe von 6.700 € und laut Feststellungsmitteilung für 2010 vom 16. Oktober 2012 für die Beteiligung an der Firma Y A OHG in Höhe von 2.300 €.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 31. Oktober 2012, der gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte das Finanzamt die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der geschätzten Einkünfte auf 6.562 € fest. Der Bescheid enthielt den Zusatz: "Die Steuerfestsetzung betrifft die Festsetzung der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit."

Hiergegen legte der Antragsteller am 9. November 2012 Einspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsteller trug vor, die Einkünfte aus Beteiligungen beruhten auf Schätzungen. Tatsächlich seien beide Betriebe 2009 entweder eingestellt oder im Ganzen veräußert worden. Einkünfte könnten in 2010 daher nicht mehr erzielt worden sein. Gegen die Grundlagenbescheide seien Einsprüche eingelegt worden. Zudem habe die in dem Einkommensteuerbescheid festgesetzte Steuer auf Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters der beiden OHG´s beruht, nicht auf etwaigen Handlungen durch ihn als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn A. Aufgrund dessen seien die Steuern auch keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Insolvenzordnung und nicht gegen ihn als Insolvenzverwalter festzusetzen. Auch im Hinblick auf das Urteil des BFH vom 5. März 2008 X R 60/04 handele es sich um Insolvenzforderungen. Denn nur wenn Handlungen des Insolvenzverwalters über das Vermögen eines Mitunternehmers (Gesellschafterinsolvenz) zu Einkünften dieser Insolvenzmasse in steuerrechtlichem Sinne führten, habe der Insolvenzverwalter die darauf entfallende Einkommensteuer mit der Folge verursacht, dass sie als Massekosten und Masseschulden vorweg aus der Masse zu berichtigen seien. Der BFH habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Einkommensteuerforderungen aus nach dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung erzielten Gewinnen nur dann als Massekosten anzusehen seien, wenn die den Gewinnen entsprechenden Vermögensmehrungen auch zur Insolvenzmasse gelangt seien. Hier sei es jedoch so gewesen, dass ausschließlich der Insolvenzverwalter der Personengesellschaften durch seine Handlungen steuerlich relevante Einnahmen erzielte habe. Eine Vermögensmehrung im hiesigen Insolvenzverfahren des Mitunternehmers sei gerade nicht erfolgt. Daher könnten die Steuerforderungen gegen die Gesellschafter auch nicht mittels Steuerbescheid, sondern nur als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden. Darüber hinaus würde die Belastung der Insolvenzmasse des Mitunternehmers mit Masseverbindlichkeiten zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung der Gläubiger des Mitunternehmers führen.

Mit Bescheid vom 4. März 2013 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer in Höhe von 4.153 €, Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von 145 € und den Solidaritätszuschlag in Höhe von 228,51 € von der Vollziehung aus.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2013 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Hiergegen hat der Antragsteller am 24. April 2013 Klage erhoben, die unter dem Akten...

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