Durch Gesetz v. 4.11.2016[1] wurde mit Wirkung vom 1.7.2016 die Verschonung von sog. Produktivvermögen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[2] angepasst und in den §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und 28a ErbStG neu geregelt. Die ErbStR 2019 und ErbStH 2019 enthalten dazu umfangreiche Erläuterungen.

[1] Gesetz v. 4.11.2016, BGBl 2016 I S. 2464.

12.1 Grundsatz

Der Erwerb von begünstigtem Vermögen (dazu zählen grundsätzlich Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser zu mehr als 25 % unmittelbar am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt war – sog. Produktivvermögen), wird in Abhängigkeit davon entlastet, wie hoch der Wert des insgesamt erworbenen begünstigten Vermögens ist. Die Steuerentlastungen gelten für Erwerbe von Todes wegen, soweit dabei vom Erblasser stammendes begünstigtes Produktivvermögen erworben wird. Die Entlastungen unterbleiben, soweit der Erwerber begünstigtes Produktivvermögen oder Teile davon in Erfüllung einer letztwilligen oder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers auf einen Dritten übertragen muss oder ein Erbe begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt (§ 13a Abs. 5 ErbStG). Der Dritterwerber des begünstigten Vermögens kann seinerseits die Entlastungen vornehmen.

12.2 Begünstigtes Vermögen bis 26 Mio. EUR

12.2.1 Regelverschonung

Der Erwerb wird im Rahmen der Regelverschonung entlastet um

Der Abzugsbetrag gilt für jeden Erwerber, steht aber für das gesamte innerhalb von 10 Jahren von derselben Person zugewendete Produktivvermögen nur einmal zur Verfügung (§ 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG).

Der Erwerber muss über die Zeitspanne von 5 Jahren eine Mindestlohnsumme von 400 % der Ausgangslohnsumme, das ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten 5 Wirtschaftsjahre vor dem Erwerb, einhalten; bei einem Unterschreiten entfällt der Wertabschlag anteilig (§ 13a Abs. 3 Satz 1, 2 und 5 ErbStG). Der Wertabschlag und der Abzugsbetrag entfallen rückwirkend, soweit innerhalb von 5 Jahren das entlastete Vermögen veräußert oder aufgegeben wird oder darin enthaltene wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (§ 13a Abs. 6 ErbStG). Entsprechendes gilt für entlastete Anteile an einer Kapitalgesellschaft.

Eine Nachversteuerung erfolgt ferner, wenn der Erwerber eines Gewerbebetriebs, eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Anteils an einer Personengesellschaft bis zum Ende des letzten in die 5-Jahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Überentnahmen tätigt. Das ist der Fall, wenn seine Entnahmen die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne um mehr als 150.000 EUR übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt (§ 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG).

12.2.2 Optionsverschonung

Auf Antrag kann der Erwerber im Rahmen der Optionsverschonung einen Wertabschlag von 100 % und damit eine vollständige Befreiung erreichen (§ 13a Abs. 10 ErbStG). Die Mindestlohnsumme beträgt hier 700 % der Ausgangslohnsumme über einen Zeitraum von 7 Jahren. Die Behaltensfrist beträgt ebenfalls 7 Jahre (§ 13a Abs. 8 ErbStG).

12.3 Begünstigtes Vermögen von mehr als 26 Mio. EUR

12.3.1 Abschmelzmodell

Auf Antrag des Erwerbers verringert sich der bei der Regelverschonung anzuwendende Wertabschlag von 85 % oder der bei der Optionsverschonung anzuwendende Wertabschlag von 100 % um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 EUR, die der Wert des begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. EUR übersteigt (§ 13c Abs. 1 ErbStG). Ab einem Wert des begünstigten Vermögens von 90 Mio. EUR beträgt der Wertabschlag 0 %. Die jeweiligen Lohnsummenbedingungen und Behaltensregelungen sind einzuhalten

12.3.2 Verschonungsbedarfsprüfung

Die für das gesamte erworbene Vermögen zu erhebende Steuer wird ohne Entlastung des begünstigten Vermögens voll umfänglich festgesetzt. Der Erwerber hat auf Antrag einen auflösend bedingten Rechtsanspruch auf Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer (§ 28a Abs. 1 ErbStG). Er muss dazu nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen (§ 28a Abs. 2 ErbStG) zu begleichen. Der Erwerber muss eine Mindestlohnsumme von 700 % der Ausgangslohnsumme über einen Zeitraum von 7 Jahren erbringen. Die Behaltensfrist beträgt ebenfalls 7 Jahre (§ 28a Abs. 4 ErbStG). Erhält der Erwerber innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung weiteres Vermögen, das verfügbares Vermögen i. S. d. § 28a Abs. 2 ErbStG darstellt, verliert der Erlass rückwirkend sein Wirkung. Der Erwerber kann einen erneuten Erlassantrag stellen.

12.4 Vorwegabschlag bei Familienunternehmen

Erwerber von Gesellschaftsanteilen an sog. familiengeführten Unternehmen erhalten einen Vorwegabschlag bis zu 30 % vom Wert des begünstigten Vermögens (§ 13a Abs. 9 ErbStG). Der Vorwegabschlag setzt das Vorliegen bestimmter gesellschaftsvertraglicher oder satzungsmäßiger Be...

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