Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 3 AO, sanktioniert § 162 Abs. 3 AO dies durch eine für den Steuerpflichtigen nachteilige, aber widerlegbare gesetzliche Vermutung.

§ 90 Abs. 3 AO verpflichtet den Steuerpflichtigen bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG Aufzeichnungen zu erstellen.

Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder in nicht ausreichendem Maße nach, setzt nun § 162 Abs. 3 Satz 1 AO ein, indem widerlegbar vermutet wird, dass die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen i. S. d. § 90 Abs. 3 AO dienen, höher als die erklärten Einkünfte sind. Das Finanzamt ist in diesen Fällen zur Schätzung verpflichtet.

Können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur aufgrund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zulasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden (§ 162 Abs. 3 Satz 2 AO). Das Finanzamt kann beispielsweise bei importierten Waren und Dienstleistungen einen an der unteren Grenze der Bandbreite liegenden Preis und bei exportierten Waren und Dienstleistungen einen an der oberen Grenze der Bandbreite liegenden Preis ansetzen, ohne dies im Einzelnen näher begründen zu müssen.

Eine Schätzung zulasten des Steuerpflichtigen wird das Finanzamt auch durchführen, wenn trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die aufgrund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte. Können hier entsprechende Zweifel nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische nahestehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 AO nicht erfüllt, ist das Finanzamt zur Schätzung berechtigt und verpflichtet (§ 162 Abs. 3 Satz 3 AO). Dabei ist es unerheblich, ob dem Steuerpflichtigen ein Verschulden angelastet werden kann. Hierdurch soll erreicht werden, dass die bei beteiligten ausländischen Unternehmen vorhandenen Unterlagen im Inland vorgelegt werden.

Durch das Gesetz zur Modernisierung der Außenprüfung v. 20.12.2022 wurde § 162 Abs. 3 AO insoweit neu gefasst, als nun hinsichtlich nicht zeitnah erstellter Aufzeichnungen auf den ebenfalls neu gefassten § 90 Abs. 3 Satz 5 AO verwiesen wird.[1] Die ab 1.1.2023 geltende neue Gesetzesfassung ist grundsätzlich erstmals auf Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 entstehen (EGAO § 37 Abs. 2). Die Neuregelung ist für Steuern und Steuervergütungen, die vor dem 1.1.2025 entstehen, anzuwenden, wenn für diese Steuern und Steuervergütungen nach dem 31.12.2024 eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekanntgegeben wurde (EGAO § 37 Abs. 3).

[1] BGBl.. 2022 Teil I S. 2730.

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