1 Umsatzsteuerliche Bedeutung des Schadensersatzes

Wenn zivilrechtlich Schadensersatz vorliegt, muss das Umsatzsteuerrecht noch prüfen, ob sog. "echter" oder "unechter" Schadensersatz vorliegt. Weil das UStG jeden Leistungsaustausch besteuert, muss demnach geprüft werden, ob zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten Abmachungen vorliegen, welche einen Leistungsaustausch und damit die Annahme eines "unechten" Schadensersatzes bewirken.

2 "Unechter" Schadensersatz

In der Praxis ist es i. d. R. sehr schwierig, den in die Schadensabwicklung eingeflossenen Leistungsaustausch zu erkennen. Dies ist aber wichtig, weil "unechter" Schadensersatz der Umsatzsteuer unterworfen werden muss.

 
Praxis-Beispiel

Auffahrunfall mit dem Inhaber eines Karosseriebaubetriebes als Geschädigten

Privatmann P fährt aufgrund einer Unachtsamkeit mit seinem Pkw im Stadtverkehr an einer roten Ampel seinem Vordermann K auf. Dieser gibt sich als Inhaber eines Karosseriebaubetriebes zu erkennen und bietet P an, den an seinem (Ks) Auto entstandenen Blechschaden kostengünstig im eigenen Betrieb zu reparieren. P willigt ein und reicht die kurze Zeit später bei ihm eingegangene Rechnung des K bei seiner Haftpflichtversicherung ein.

Der gesetzliche Schadensersatzanspruch des K gegenüber P wird umsatzsteuerlich dadurch zum steuerbaren und steuerpflichtigen "unechten" Schadensersatz, dass P (bzw. dessen Versicherung) an K ein Entgelt als Gegenleistung für einen Reparaturauftrag, welchen P dem K durch seine Einwilligung erteilt hat, überweist. K muss also eine Rechnung mit Umsatzsteuer an P stellen.

3 "Echter" Schadensersatz

Ein "echter", nicht steuerbarer Schadensersatz liegt nur vor, wenn kein Leistungsaustausch zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten erkennbar ist (z. B. Vertrags- bzw. Konventionalstrafe, gerichtliche Mahnkosten, sonstige Mahngebühren, Verzugszinsen).

 
Praxis-Beispiel

Vereinbarung einer Vertrags- bzw. Konventionalstrafe

Maschinenfabrik M hat sich verpflichtet, der Drehteile GmbH D eine CNC-Drehmaschine bis spätestens zum 30.1.2019 auszuliefern. Für den Fall einer verspäteten Auslieferung wurde eine Konventionalstrafe von 3.000 EUR je Tag vereinbart, damit D keine Nachteile aus den dann entstehenden Produktionsausfällen erleidet. M liefert die Maschine 3 Tage zu spät aus und bezahlt deshalb eine Konventionalstrafe i. H. v. 9.000 EUR an D.

Bei der Konventionalstrafe handelt es sich um nicht steuerbaren "echten" Schadensersatz.

 
Praxis-Beispiel

Echter und unechter Schadensersatz

Lohnfertiger L liefert "just in time" 1.000 Drehteile an den Automobilzulieferer A. Dessen Qualitätskontrolle am Wareneingang ergab, dass etwa die Hälfte der Teile einer Nachbearbeitung bedürfen. Die Zeit dafür drängt, da ansonsten bei A für eine bestimmte Produktlinie die Produktion vorübergehend gestoppt werden müsste. Die telefonische Reklamation bei L führt zu einer raschen Einigung: L sagt zu, als Schadensersatz die Kosten für die Nachbearbeitung, welche A selbst durchzuführen in der Lage ist, zu übernehmen und außerdem für den Fall eines Produktionsausfalles für jede angefangene Stunde zusätzlich noch eine Pauschale von 500 EUR zu bezahlen.

Die Nacharbeitungskosten, welche L an A zu bezahlen hat, sind Entgelt für einen Leistungsaustausch und damit "unechter Schadensersatz". Durch den Informationsaustausch und die Einigung im Rahmen der Reklamation hat L den A beauftragt, für ihn die Teilebearbeitung durchzuführen und als Gegenleistung die entstandenen Kosten zu übernehmen. A muss daher die bei ihm für die Nachbearbeitung entstandenen Kosten zuzüglich 19 % Umsatzsteuer berechnen.

Soweit auch noch ein Produktionsausfall zur Abrechnung kommt, muss A die vereinbarte Pauschale je Stunde dagegen nicht der Umsatzsteuer unterwerfen. Die Zahlung dafür ist "echter Schadensersatz", weil hier kein Leistungsaustausch vorliegt, obgleich auch darüber im Rahmen der Reklamation eine Einigung zwischen L und A erfolgte. Aber: L hat schließlich im Zuge der Einigung bei A keinen Produktionsausfall in Auftrag gegeben.

4 ABC des Schadensersatzes

Nachfolgend werden einige Begriffe und Grenzfälle aus dem Bereich des Schadenersatzes kommentiert[1]:

Ablöseentschädigung im Profisport: Zahlungen für die Freigabe eines Fußballvertragsspielers/Lizenzspielers sind Gegenleistungen des aufnehmenden Vereins an den abgebenden Verein.[2]

Abmahnungen: Zahlungen, die als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen oder urheberrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs – und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen – zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren (anders aber Mahnkosten).[3]

Abrissentschädigung: Als "Gebäuderestwertentschädigung" im Sanierungsgebiet[4] kann sie auf nichtsteuerbaren Vorgängen im öffentlichen Interesse beruhen[5], sie kann aber Entgelt sein, wenn sie nur für den Abriss gezahlt wird.[6]

Angeld, das z. B. ein Hotel bei Zimmerreservierung erhält und bei Bezahlung des Aufenthalts vom Preis abzieht, aber nach Stornierung einbehalten darf, ist kein Entgelt für e...

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